Hautkrebs: Algorithmus kann den Pathologen bei der Diagnose unterstützen

27.05.2019 - Deutschland

künstliche Intelligenz gewinnt in der Medizin zunehmend an Bedeutung: Maschinen werden mit Informationen gefüttert und trainieren so einen Algorithmus, um große Datenmengen und medizinische Bilder zu analysieren. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Krebszellen automatisiert erkennen. Heidelberger Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), der Universitäts-Hautklinik und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg haben nun erstmalig demonstriert, dass künstliche Intelligenz das Potential hat, die Genauigkeit der Diagnostik von Hautkrebs an Gewebeschnitten zu verbessern.

Der schwarze Hautkrebs, das sogenannte maligne Melanom, ist für den Großteil der Hautkrebs-bedingten Todesfälle verantwortlich. Nach wie vor stellt bei Verdacht auf schwarzen Hautkrebs die Untersuchung einer Gewebeprobe den Goldstandard in der Diagnostik dar. Die Proben werden so gefärbt, dass sich verschiedene Gewebestrukturen im mikroskopischen Bild unterscheiden lassen. Das ermöglicht es dem erfahrenen Pathologen zu entscheiden, ob es sich um ein Melanom handeln könnte oder nicht.

Internationale Studien zeigen, dass zwei Pathologen bei der Entscheidung, ob es sich um ein gutartiges Muttermal oder einen schwarzen Hautkrebs handelt, in bis zu 26 Prozent der Fälle zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Heidelberger Wissenschaftler und Ärzte haben nun die diagnostische Qualität eines lernfähigen Algorithmus mit der Leistung von Pathologen verglichen. Für diese Untersuchung stellte das Institut für DermatoHistoPathologie Krahl in Heidelberg Proben zur Verfügung: Die 345 mit Melanom- und 350 mit Muttermalbiopsien beladenen anonymisierten Objektträger waren zuvor nach Leitlinie durch einen erfahrenen Pathologen klassifiziert worden. Anschließend wurden zufällig ausgewählte Bildausschnitte von 595 der 695 Objektträger für das Training des Algorithmus eingesetzt. Die übrigen 100 Bildausschnitte – 50 Melanom versus 50 Muttermale – wurden verwendet, um die diagnostische Qualität des lernfähigen Algorithmus gegenüber dem Pathologen zu testen.

Das Ergebnis: Zum Teil irrte sich die künstliche Intelligenz genauso häufig wie die Pathologen. Im Regelfall traf der Computer aber mehr richtige Entscheidungen und das in weniger als jeweils einer Sekunde. „Unsere Studie zeigt, dass künstliche Intelligenz ein großes Potential hat, die diagnostische Genauigkeit bei Hautkrebs zu verbessern“, kommentiert Jochen Sven Utikal, Leiter der klinischen Kooperationseinheit für Dermato-Onkologie am DKFZ die Ergebnisse. „Die künstliche Intelligenz kann Pathologen nicht ersetzen, aber unterstützen. Das Potential sehen wir derzeit vor allem in der Form von Assistenzsystemen, die frühzeitig Alarm schlagen, wenn bei einer Probe Hautkrebsverdacht besteht, sodass weitere Färbungen angefordert werden können. Hierzu bedarf es jedoch prospektiver klinischer Studien“, betont Alexander Enk, Direktor der Universitäts-Hautklinik am UKHD.

Studienleiter Titus Brinker, Assistenzarzt an der Universitäts-Hautklinik und Leiter des Skin-Classification-Projekts am NCT und DKFZ Heidelberg, sieht die Attraktivität einer künstlichen Intelligenz in der Pathologie auch in der Neuartigkeit des Diagnoseprozesses: „Ein trainierter Algorithmus entscheidet anders als ein Mensch: Er erkennt subvisuelle Muster auf Pixelebene und lässt sich, anders als das menschliche Auge, von optischen Täuschungen weniger beeinflussen. Dieser zusätzliche digitale Blickwinkel auf den Objektträger wird Pathologen dabei unterstützen, Hautkrebs noch präziser zu diagnostizieren.“

Doch auch, wenn die vergleichende Untersuchung von künstlicher Intelligenz versus menschlicher Leistung eine zukunftsweisende Perspektive für die Histopathologie des schwarzen Hautkrebses eröffnet, ist bis zu einer erfolgreichen klinischen Implementierung noch viel Forschungsarbeit notwendig.

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