Wie Licht Gehirnaktivitäten anstoßen kann

24.04.2019 - Deutschland

Bochumer und Berliner Forscher haben im Detail aufgeklärt, wie sich ein Ionenkanal nach Lichteinwirkung öffnet – ein Meilenstein für das Verständnis optogenetischer Werkzeuge.

© RUB, Kramer

Max Dreier, Klaus Gerwert und Stefan Tenningkeit (von links) betrachten die Darstellung eines Proteins.

Die Optogenetik erlaubt es, Gehirnprozesse mit Licht zu steuern. Sie beruht auf der Nutzung lichtgesteuerter Proteine wie dem Channelrhodopsin-2, einem Ionenkanal, der sich bei Lichteinwirkung öffnet und damit zelluläre Prozesse aktivieren kann. Seine Arbeitsweise haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gemeinsam mit Kollegen von der Humboldt-Universität zu Berlin nun im Detail aufgeklärt. Das Team um Prof. Dr. Klaus Gerwert und Prof. Dr. Peter Hegemann berichtet in der Fachzeitschrift PNAS vom 19. April 2019.

Großes therapeutisches Potenzial

In der Optogenetik sehen Forscher ein großes therapeutisches Potenzial. „Man kann sich vorstellen, dass Blinde damit wieder sehen könnten, oder dass es gelingt, die Schüttellähmung bei Parkinson mittels Licht zu behandeln“, erklärt Klaus Gerwert.

Das von Peter Hegemann entdeckte Channelrhodopsin-2 ist das zentrale lichtaktivierbare Protein in der Optogenetik. Stattet man Nervenzellen mit diesem Ionenkanal aus, kann man die Kanäle durch Lichteinstrahlung öffnen und damit Gehirnaktivitäten gezielt steuern.

Allerdings gab es bislang widersprüchliche Vorstellungen davon, wie sich der Kanal im Detail öffnet. „Aber gerade das Verständnis der molekularen Reaktionen im Protein und der resultierenden Ionenleitung ist essenziell, um das Protein für seine möglichen Anwendungen gezielt zu optimieren“, sagt Gerwert.

Zwei parallele Wege

Gemeinsam konnten die Bochumer und Berliner Forscher die Details der Kanalöffnung nun enträtseln. Die Kombination von zeitaufgelöster Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie, biomolekularen Simulationen und elektrophysiologischen Experimenten zeigte, dass durch Lichtanregung nicht nur wie bisher angenommen eine, sondern zwei unterschiedliche Strukturen angeregt werden. Eine führt dabei zu der gewünschten Kanalöffnung, die in der Optogenetik genutzt wird. Der parallele Weg liefert nur einen schwachen Protonenstrom, gewinnt aber bei längerer Belichtung die Oberhand und unterdrückt die gewünschte Kanalöffnung. Dadurch nimmt die Effektivität des optogenetischen Werkzeugs nach kurzer Zeit stark ab. „Wenn wir den unerwünschten Parallelweg durch gezieltes Proteindesign blockieren, können wir das optogenetische Werkzeug also entscheidend verbessern“, folgert Gerwert.

Bei der Arbeit am Channelrhodopsin profitierten die Bochumer Forscher von ihren umfangreichen Erfahrungen mit dem Mechanismus der lichtgetriebenen Protonenpumpe Bakteriorhodopsin, den sie vor Jahren im Detail aufklärten konnten. „Wie beim Bakteriorhodopsin spielen proteingebundene Wassermoleküle eine zentrale Rolle für die Protonenleitung“, erklärt Klaus Gerwert.

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