Salmonellen: Schützende Darmbakterien identifiziert

Bakterien identifiziert, die Mäuse vor einer Salmonelleninfektionen schützen

24.04.2019 - Deutschland

Salmonellen sind stäbchenförmige Bakterien, die beim Menschen und vielen Tieren Magen-Darm-Infektionen (Gastroenteritis) verursachen können. Insbesondere bei Angehörigen von Risikogruppen wie Säuglingen, Kleinkindern, älteren oder immungeschwächten Menschen kann eine Salmonelleninfektion schwer verlaufen. Menschen mit einer intakten Darmflora dagegen sind meist geschützt. Nur bei etwa 10 bis 20 Prozent derer, die die Keime – meist über kontaminierte Lebensmittel – aufnehmen, kommt es überhaupt zu einer Infektion. Welche Bakterien in der Darmflora aber womöglich die Ursache der schützenden Effekte sind, ist bisher weitgehend unbekannt. Wissenschaftlern um Bärbel Stecher, Professorin am Max von Pettenkofer-Institut der LMU und Mitglied des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), ist es nun gelungen, ein Bakterium zu identifizieren, das im Mausmodell vor Infektionen mit Salmonella enterica serovar Typhimurium – eine der beiden in Deutschland häufigsten Subspezies – schützt.

B. Stecher

Mucispirillum (grün) und Salmonella (pink) im Darmlumen von Mäusen. Andere Bakterien sind in blau, das Darmepithel in rot dargestellt.

Der Darm gesunder Menschen und Mäuse ist dicht mit Bakterien und anderen Mikroorganismen besiedelt. Diese natürliche Darmflora kann vor Infektionen mit Salmonellen schützen, weil insbesondere die kommensalen Bakterien dort Inhibitoren produzieren, alle Nischen besetzen und relevante Nährstoffe wie Zucker oder Proteine, aber auch Sauerstoff verbrauchen. Um zu untersuchen, wie eine gesunde Darmflora zusammengesetzt ist, die optimal vor Infektionen schützt, haben Sandrine Brugiroux und Debora Garzetti aus dem Forschungsteam das Mikrobiom diverser Mausgruppen verglichen. Die Tiere einer Gruppe hatten sich als vor Salmonellen-Infektionen geschützt erwiesen, die Mäuse der anderen Gruppen nicht.

Dabei fanden die Wissenschaftler, dass in den geschützten Mäusen Bakterien der Art Mucispirillum schaedleri vorkommen, in der anderen Gruppe fehlen diese. M. schaedleri gehört zu einer Bakteriengroßgruppe, deren Vertreter hauptsächlich in Schlamm oder Sedimenten leben – nur Mucispirillum kommt im Darm von Warmblütern vor, bei Mäusen wie Menschen. „Bisher hat man geglaubt, dass dieses Bakterium bei Menschen nicht so häufig vorkommt“, sagt Stecher, „aber bei Stuhluntersuchungen wird M. schaedleri oft nicht entdeckt, da sich diese Bakterien in der Schleimschicht des Darms anreichern. In Studien, in denen die Darmschleimhaut untersucht wurde, hat man die Bakterien bei 50 Prozent der Probanden gefunden.“

In einem nächsten Schritt setzte Simone Herp, die gerade Ihre Doktorarbeit am Max von Pettenkofer-Institut erfolgreich abgeschlossen hat, ein sogenanntes gnotobiotisches Modell ein. Das sind Mäuse, deren Darm zunächst keimfrei ist und gezielt besiedelt werden kann, sodass sie eine definierte Darmflora in sich tragen. „Wir haben eine Gruppe Mäuse generiert, die Mucispirillum im Darm haben und eine andere ohne diese Bakterien. Beide Gruppen haben wir experimentell mit Salmonellen infiziert und konnten tatsächlich zeigen, dass Mucispirillum kausal mit einem Schutz vor Salmonelleninfektionen in Verbindung steht“, sagt Stecher.

Weitere Untersuchungen der Forscher zeigten, dass die Schutzwirkung von Mucispirillum darauf beruht, dass die Bakterien mit den Salmonellen um bestimmte Nährstoffe konkurrieren, zum Beispiel um Nitrat. Durch diese Konkurrenz wachsen die Salmonellen zwar nicht unbedingt langsamer, aber sie können ihren wichtigsten Virulenzfaktor – die Eigenschaft, auf dem die pathogene Wirkung beruht – nicht mehr bilden. Dieser Virulenzfaktor, ein sogenanntes Typ-III-Sekretionssystem, fungiert als eine Art molekulare Nadel, mit der die Salmonellen Toxine in die Epithelzellen spritzen. In der Folge können sie in die Epithelzellen eindringen und es kommt letztlich zur Entzündung und Gastroenteritis.

Möglicherweise könnten die Ergebnisse der Wissenschaftler langfristig zur Entwicklung neuer Präventionsmethoden führen. „Aber bis dahin ist noch viel Forschung nötig“, betont Stecher, „noch wissen wir beispielsweise nicht, ob und welche anderen – möglicherweise ja auch negativen – Effekte M. schaedleri im Darm hat.“

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