Bakterielle Nanozellulose und Pilzmoleküle helfen heilen

Pharmazeuten der Universität Jena erhalten gleich zwei „Phoenix Pharmazie Wissenschaftspreise“

26.10.2018 - Deutschland

Beim diesjährigen „PHOENIX Pharmazie Wissenschaftspreis“ waren die Pharmazeuten der Friedrich-Schiller-Universität Jena besonders erfolgreich. Sie erhielten den Preis gleich in zwei von insgesamt vier Kategorien. Mit der Auszeichnung prämiert der Pharmagroßhändler PHOENIX Group alljährlich herausragende Arbeiten innerhalb der pharmazeutischen Grundlagenforschung. Eine unabhängige, vierköpfige Fachjury ermittelt dabei in einem kompetitiven Verfahren die Preisträger, die jeweils 10.000 Euro Preisgeld pro Kategorie erhalten. Die Preise wurden am 25.10. während eines Festaktes in Frankfurt am Main überreicht.

PHOENIX group

Prof. Dr. Dagmar Fischer von der Universität Jena mit ihrer Trophäe.

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Prof. Dr. Dirk Hoffmeister von der Universität Jena und dem Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie mit seinem Preis.

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„Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung, vor allem da sie auf unserem Gebiet fast schon einem Ritterschlag gleichkommt“, sagt Prof. Dr. Dagmar Fischer von der Universität Jena, die den Preis in der Kategorie Pharmazeutische Technologie erhielt. „Für mich und mein Team ist ein solcher Preis eine Bestätigung unserer Arbeit, aber vor allem auch eine Würdigung des Themas, mit dem wir uns beschäftigen“, ergänzt ihr Kollege und Preisträger in der Kategorie Pharmazeutische Biologie Prof. Dr. Dirk Hoffmeister.

Optimierte Nanozellulose

Auf ganz unterschiedliche Weise haben die beiden Prämierten erfolgreich Grundlagenforschung mit konkreten Anwendungen in der Medizin verbunden. Dagmar Fischer ist es gemeinsam mit ihrem Team gelungen, einen antiseptischen Wirkstoff so in das innovative Biomaterial bakterielle Nanozellulose einzubringen, dass er über einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen freigegeben wird. „Die von Essigsäurebakterien produzierte Nanozellulose gehört derzeit zu den vielversprechendsten Biomaterialien im Bereich der Medizin“, informiert die Jenaer Expertin. „Sie besteht aus einem dreidimensionalen Netzwerk aus 20 bis 100 Nanometer dicken Fasern, ist hoch stabil, sehr hitzebeständig und für den Menschen absolut verträglich. Zudem bietet ihre große Fläche enorme Speicherkapazität für verschiedene Wirkstoffe.“ Bisher war es allerdings aufgrund des hohen Wasseranteils – die Nanozellulose besteht zu 99 Prozent aus Wasser – schwierig, die Freisetzung des Wirkstoffs zu regulieren. Doch dafür haben die Jenaer Pharmazeuten eine Lösung gefunden. „Wir haben in die bakterielle Nanozellulose das Polymer Poloxamer in Form von Mizellen und Gelstrukturen eingebaut und so ein Hybridsystem geschaffen, das den antiseptischen Wirkstoff Octenidin kontrolliert bis zu einer Woche lang abgeben kann“, sagt Fischer. „Auf dieser Grundlage lassen sich moderne Wundauflagen herstellen, die seltener gewechselt werden müssen und somit sowohl weniger Belastung für den Patienten als auch Zeit- und Kosteneinsparungen im Klinikalltag bedeuten.“

Molekül aus Pilzen hilft bei therapieresistenten Depressionen

Konkrete Hilfe für bestimmte Patientengruppen versprechen auch die Forschungsergebnisse, für die das Team um Dirk Hoffmeister ausgezeichnet wurde. Im Mittelpunkt steht dabei eine in Verruf geratene Substanz. „Wir beschäftigen uns mit dem Molekül Psilocybin – ein Stoff, der vor allem durch seine halluzinogene Wirkung bekannt geworden und durch das Betäubungsmittelgesetz reguliert ist“, erklärt der Pharmazeut der Universität Jena. „Die Pilze, die ihn produzieren, sind gemeinhin als Magic Mushrooms bekannt.“

Hoffmeister hat herausgefunden, wie genau ein Pilz durch Biokatalyse das Psilocybin herstellt. „Wir haben geklärt, welche Mechanismen und Stoffwechselprozesse dabei ablaufen und kennen die Gene des Pilzes und die Enzyme, mit denen er aus einem Eiweißbaustein den Stoff hervorbringt“, sagt er. „Darüber hinaus haben wir eine Methode entwickelt, wie sich der gesamte Prozess im Reagenzglas nachstellen lässt.“ Damit haben die Jenaer Wissenschaftler auch die Grundlage geschaffen, um genetisch veränderte Mikroorganismen Psilocybin in weit größerem Maßstab produzieren zu lassen.

„Und größere Mengen sind notwendig, denn das pharmazeutische Interesse an diesem Wirkstoff nimmt zu“, betont Hoffmeister, dem es ein Anliegen ist, das schlechte Image des Psilocybins geradezurücken. „Klinische Studien haben bereits herausgestellt, dass es etwa gegen therapieresistente Depressionen hilft und Angstzustände bei Krebspatienten lindern kann.“

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