Neues Gen für Haarverlust entdeckt

31.10.2018 - Deutschland

Hypotrichosis simplex führt schon im Kindesalter zu fortschreitendem Haarverlust. Nun hat ein Forscherteam unter der Federführung von Humangenetikern des Universitätsklinikums Bonn ein neues Gen entschlüsselt, das für diese seltene Form von Haarausfall verantwortlich ist. Veränderungen im Gen LSS führen zu einer Beeinträchtigung eines wichtigen Enzyms, das eine wichtige Funktion im Cholesterin-Stoffwechsel hat.

(c) Uni Bonn

Aufbau des Haarfollikels.

In der Kindheit sprießen die feinen Haare meist spärlich. Mit zunehmendem Alter schreitet der Haarverlust fort. Schließlich sind am Kopf und am Körper nur noch wenige Haare vorhanden. Bei Hypotrichosis simplex handelt es sich um eine seltene Form von Haarausfall (Alopezie). Die Beschreibung beschränkt sich weltweit auf wenige hunderte Familien. Bislang sind nur wenige Gene bekannt, die mit der Erkrankung ursächlich in Zusammenhang stehen. Unter Federführung des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Bonn hat nun ein Team von Forschern aus Deutschland und der Schweiz Mutationen in einem weiteren Gen entschlüsselt, die für den Haarverlust verantwortlich sind.

Die Wissenschaftler untersuchten die kodierenden Gene von drei Familien, die nicht miteinander verwandt sind und unterschiedlicher Abstammung sind. Bei insgesamt acht Angehörigen zeigten sich die typischen Symptome des Haarverlusts. Sämtliche Betroffene verfügten über Erbgutveränderungen (Mutationen) im Gen LSS. „Dieses Gen kodiert die Lanosterol-Synthase – kurz LSS“, sagt Prof. Dr. Regina C. Betz vom Institut für Humangenetik am Universitätsklinikum Bonn. „Das Enzym spielt im Cholesterin-Stoffwechsel eine Schlüsselrolle.“ Allerdings sind die Cholesterin-Blutwerte der Betroffenen nicht verändert. Betz: „Es gibt einen alternativen Stoffwechselweg für das Cholesterin, das für den Haarfollikel eine wichtige Rolle spielt und nicht mit den Cholesterin-Werten im Blut in Zusammenhang steht.“

Mutation führt zu einer Verlagerung der Lanosterol-Synthase

Mit Gewebeproben versuchten die Wissenschaftler herauszufinden, wo genau die Lanosterol-Synthase in den Haarfollikelzellen zu finden ist. Im Follikel werden die Haarwurzeln gebildet. Ist das LSS-Gen nicht mutiert, dann befindet sich das dazugehörige Enzym in einem System aus feinsten Kanälen in den Follikelzellen, dem Endoplasmatischen Retikulum. Liegt eine Mutation vor, dann verbreitet sich die Lanosterol-Synthase auch außerhalb dieser Kanäle in die angrenzende Substanz, das Zytosol. „Warum die Haare ausfallen, können wir noch nicht sagen“, sagt Erstautorin Maria-Teresa Romano, Doktorandin im Team von Prof. Betz. „Wahrscheinlich führt die Verlagerung von LSS aus dem Endoplasmatischen Retikulum zu einer Fehlfunktion.“

Prof. Dr. Matthias Geyer vom Institut für Strukturbiologie der Universität Bonn untersuchte, welche Folgen die Mutationen für die Struktur des Enzyms Lanosterol-Synthase haben. Mit ihm und Prof. Betz kommen gleich zwei Studienleiter aus dem Exzellenzcluster ImmunoSensation der Universität Bonn, das bei der neuesten Runde des Exzellenzwettbewerbs eindrucksvoll bestätigt wurde und eine Weiterförderung erhält.

Bessere Diagnose

Für die Wissenschaftler ist das aktuelle Studienergebnis ein wichtiger Befund: Mit jedem weiteren entschlüsselten Gen vervollständigt sich wie bei einem Puzzle das Bild von den biologischen Grundlagen der Erkrankung. „Ein besseres Verständnis der Krankheitsursachen ermöglicht in Zukunft vielleicht neue Ansätze für die Therapie des Haarverlustes“, sagt die Humangenetikerin. Doch bis dahin sei es noch ein weiter Weg. Aber bereits jetzt trägt die Entdeckung des Gens zu einer besseren Diagnose der seltenen Erkrankung bei. Betz: „Wer von Hypotrichosis simplex betroffen ist, hat ausschließlich mit Haarverlust zu tun. Das ist belastend, aber weitere Organe sind nicht betroffen.“

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