Narkolepsie: Wissenschaftler entlarven den Übeltäter der rätselhaften Schlafkrankheit
Patienten mit Narkolepsie, einer seltenen Schlafkrankheit, leiden an übermässiger Tagesschläfrigkeit und kurzen Episoden mit Verlust des Muskeltonus, der durch Emotionen ausgelöst wird. Es ist bekannt, dass die Krankheit, die 1877 erstmals beschrieben wurde, durch den graduellen Verlust eines Proteins namens Hypokretin im Gehirn verursacht wird und sich bei genetisch prädisponierten Individuen entwickelt. Der zugrunde liegende Mechanismus blieb jedoch bislang ein Rätsel. Eine in «Nature» veröffentlichte Studie berichtet erstmals, dass bei Patienten mit Narkolepsie autoreaktive T-Lymphozyten existieren. Diese erkennen die Hypokretin und können eine Immunantwort herbeiführen, die zum Verlust von hypokretinproduzierenden Neuronen führt. Damit identifiziert die Studie den Übeltäter dieser rätselhaften Krankheit, was grosse Auswirkungen auf deren Diagnose und Therapie hat.
Die Studie ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforscherinnen und forschern und klinischen Wissenschaftlern. Sie wurde gemeinsam von Prof. Federica Sallusto am Institut für Forschung in Biomedizin in Bellinzona (IRB) und an der ETH Zürich sowie von Prof. Claudio L.A. Bassetti am Universitären Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum (SWEZ) der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital in Bern koordiniert. Ebenfalls beteiligt waren das Schlafzentrum des Ente Ospedaliero Cantonale im Tessin, das Zentrum für Schlafmedizin der Klinik Barmelweid, das Institut für Physiologie der Universität Lausanne, das Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich sowie das Institut für Immunologie der Universität Witten/Herdecke in Deutschland. Die Arbeit wurde vom Schweizerischen Nationalfonds, dem Europäischen Forschungsrat (ERC) und der Helmut Horten Stiftung unterstützt.
Prof. Federica Sallusto zu den Ergebnissen: «Mit neuen sensitiven Methoden konnten wir autoreaktive T-Zellen als Verursacher dieser Krankheit identifizieren. Diese Zellen können eine Entzündung hervorrufen, die zu neuronalen Schäden führt, oder sie können sogar hypokretinproduzierende Neuronen zerstören. Wenn wir autoreaktive T-Zellen in frühen Stadien blockieren, können wir möglicherweise den neuronalen Verlust begrenzen und das Fortschreiten der Krankheit verhindern.»
Prof. Claudio L. A. Bassetti betont den gesellschaftlich-therapeutischen Nutzen dieser Erkenntnisse: «Diese Studie wird das Bewusstsein für Narkolepsie schärfen, die in der Allgemeinbevölkerung wenig bekannt ist und von Ärztinnen und Ärzten oft nicht oder zu spät diagnostiziert wird. Die Publikation wird auch neue Möglichkeiten einer frühzeitigen Diagnose und neuer Behandlungsansätze dieser stark einschränkenden Krankheit eröffnen.»
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