Schutzfaktor für Nervenzellen durch die Nase verabreicht
Forscher arbeiten an Grundlagen für neue Therapieformen bei neurodegenerativen Prozessen
Über die Nase können „Schutzproteine“ in das Gehirn eingebracht werden, die die Zerstörung von Nervenzellen nach einem Schlaganfall abschwächen. Das haben Wissenschaftler der Universität Heidelberg mit Untersuchungen am Mausmodell gezeigt. Die Forscher um Prof. Dr. Hilmar Bading arbeiten am Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften (IZN) an den wissenschaftlichen Grundlagen für neue Therapieformen, mit denen sich degenerative Prozesse beim Menschen aufhalten lassen. Dabei konzentriert sich das Team von Prof. Bading auf körpereigene neuroprotektive Mechanismen.
Mit früheren Arbeiten haben die Heidelberger Forscher gezeigt, dass Gehirnaktivität dem Nervenzelltod entgegenwirkt. „Wir wissen, dass aktivierte Nervenzellen Proteine herstellen, die vor Zelltod schützen“, erklärt Prof. Bading. Auf molekularer Ebene ist hier der NMDA-Rezeptor von Bedeutung. Befinden sich diese Rezeptoren nicht in den Kontaktstellen der Nervenzellen, den Synapsen, können sie massive Zellschädigung und Zelltod verursachen. Die toxischen extra-synaptischen NMDA-Rezeptoren oder die Folgen ihrer Aktivierung lassen sich jedoch unterdrücken. Auslöser für diese Unterdrückung sind die Proteine Activin A und SerpinB2, deren Produktion im Nervensystem bei Gehirnaktivität angestoßen wird, wie die Forschungsgruppe des Neurobiologen herausgefunden hat.
Die Wissenschaftler sind in diesem Zusammenhang der Frage nachgegangen, wie diese schützenden Proteine „von außen“ eingebracht werden können, wenn ihre Produktion mithilfe aktivierter Nervenzellen nur noch eingeschränkt möglich ist, beispielsweise nach einem Schlaganfall. Wie Prof. Bading in Zusammenarbeit mit Dr. Bettina Buchthal und Ursula Weiß zeigen konnte, eröffnet die nasale Verabreichung neue Perspektiven für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen. Das belegen die Untersuchungen am Mausmodell. Nach Angaben von Hilmar Bading wiesen die Mäuse mit Schlaganfall in bestimmten Gehirnarealen weniger Hinschäden auf, wenn sie auf diese Weise behandelt wurden.
Die Forscher haben damit die wissenschaftlichen Grundlagen für ein einfaches „Nasenspray“ geschaffen, mit dem der krankheitsbedingte Verlust von Nervenzellen reduziert werden könnte, wie Prof. Bading betont. „Bis zu einer klinischen Anwendung am Menschen werden jedoch leider noch viele Jahre vergehen, da bis zur Zulassung eines neuen Wirkstoffes als Arzneimittel eine Reihe von Prüfphasen erfolgreich durchlaufen werden müssen“, so Prof. Bading. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass dieses „nicht-invasive und außergewöhnlich einfache Therapieprinzip“ nicht nur bei akuten Hirnschädigungen wie einem Schlaganfall wirksam ist. Es könnte auch helfen bei chronischen neurodegenerativen Erkrankungen, die mit einer vermehrten Aktivierung extra-synaptischer NMDA-Rezeptoren einhergehen, unter anderem bei der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), bei Morbus Alzheimer oder der Huntington‘schen Erkrankung.
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