Neue Erkenntnisse zur Wirkungsweise von Pilz-Medikamenten

08.08.2018 - Deutschland

Forscher der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) haben die Funktionsweise eines wichtigen Wirkstoffs gegen Pilzerkrankungen weiter aufschlüsseln können.

J. Wagener

Hyphen des humanpathogenen Schimmelpilzes Aspergillus fumigatus nach Azol-Exposition. Die Mitochondrien des Pilzes sind rot und die Zellwände und Zellwand-Patches schwarz eingefärbt.

Aspergillus fumigatus ist ein Schimmelpilz und Verursacher schwerer und häufig tödlich verlaufender Infektionen beim Menschen. Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem, etwa nach einer Stammzell- oder einer Organtransplantation, sind davon betroffen. Zur Therapie etwa der „invasiven Aspergillose“ gibt es nur eine begrenzte Zahl an Antimykotika. Diese Mittel sind sozusagen das Pilz-Gegenstück zu Antibiotika. Forscher der JMU konnten nun neue Details zur Wirkweise der aktuell wichtigsten Antimykotika-Klasse, den sogenannten Azolen, entschlüsseln.

Azole entfalten ihre Wirkung durch Hemmung der Ergosterol-Biosynthese. Ergosterol erfüllt in Pilzzellen eine ähnliche Funktion wie das Cholesterin in menschlichen Zellen und arbeitet unter anderem als „Weichmacher“ an der Zellmembran. Dies ist von Bedeutung, damit die Membran flexibel, beweglich und somit widerstandsfähig ist und der Zellinhalt dadurch geschützt bleibt.

Erst fungistatisch, dann fungizid

Je nach Pilzart, so der bisherige Stand der Wissenschaft, wirken Azole entweder wachstumshemmend oder abtötend. Auf Hefepilze, wie etwa Candida albicans, wirken Azol-Antimykotika üblicherweise fungistatisch (wachstumshemmend) und auf Aspergillen, beispielsweise A. fumigatus, wirken sie fungizid (abtötend).

„Wir konnten zeigen, dass Azol-Antimykotika initial auch eine fungistatische Wirkung auf A. fumigatus haben“, sagt Dr. Johannes Wagener, Hauptautor der im Fachmagazin Nature Communications veröffentlichten Arbeit. Stunden später kommt es dann erst zur Aktivierung eines „Zellwandstress-Signalwegs“ und zur unkontrollierten Synthese pilzlicher Zellwand. „Es bilden sich Einstülpungen, so genannte „Patches“, die Zelle hat Stress und letztlich kommt es zur Zelllyse: Die Zelle stirbt“, erklärt Wagener.

Frühere Erkennung von Resistenzen möglich

„Dieser zusätzliche fungizide Effekt ist abhängig von der Atmungskette des Pilzes und lässt sich durch gleichzeitige Hemmung der Zellwandsynthese abmildern“, sagt Wagener weiter. Die exzessive Synthese von Zellwand lässt sich mikroskopisch nachweisen und könnte somit in Zukunft zur frühzeitigen Diagnose einer Azol-Resistenz herangezogen werden.

„Die Auswirkungen von Azol-Antimykotika auf die Zellwandsynthese und Zellwandintegrität waren für uns völlig unerwartet“ sagt Wagener, der an der JMU am Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie & Mykologie bei Professor Oliver Kurzai arbeitet. Es gibt andere Antimykotika, die an den Zellwänden ansetzen. „Somit gibt es nun zwei völlig unterschiedliche Antimykotika-Klassen mit völlig unterschiedlichen Wirkungsmechanismen, die nun in einen unerwarteten Zusammenhang gebracht werden können“, sagt Wagener.

„Außerdem konnten wir zeigen, dass die durch Azole induzierte Zellwandsynthese in Azol-resistenten Aspergillus-Isolaten unterbleibt“, so Wagener. Azol-Resistenzen seien ein ernstzunehmendes Problem in bestimmten Regionen, etwa den Niederlanden. Die Azol-induzierte Zellwandsynthese könnte daher zur Unterscheidung von Azol-resistenten und Azol-empfindlichen Aspergillus-Isolaten genutzt werden.

„Die Arbeit ist interessant, weil sie nicht nur neue Erklärungsansätze für die unterschiedliche Wirkung dieser Medikamente auf verschiedene Pilze ermöglicht, sondern eventuell auch die Basis für neue therapeutische Ansätze oder neue Verfahren zur Resistenztestung bietet“, sagt auch Lehrstuhlinhaber Professor Oliver Kurzai.

Für die weitere Forschungstätigkeit von Wagener und Kurzai bedeuten die aktuellen Ergebnisse: „Wir müssen uns weiter um die genaue Aufklärung des Wirkmechanismus kümmern. Eine Frage wäre etwa: Wieso machen Azole Patches?“

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