Optische Kontrolle von Herzfrequenz oder Insulinsekretion durch lichtschaltbaren Wirkstoff

19.07.2018 - Deutschland

Ionenkanäle sind porenbildende Proteinkomplexe, die einen Transport elektrisch geladener Teilchen über biologische Membranen ermöglichen. Sie erfüllen zentrale Aufgaben in der Physiologie jeder Zelle, von der Aufnahme und Ausscheidung von Stoffen bis zur Entstehung und Weiterleitung elektrischer Aktivität. Sie sind wichtige Zielstrukturen in der Pharmakotherapie vieler Erkrankungen des Menschen. Wissenschaftler aus dem Institut für Neuro- und Sinnesphysiologie der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf berichten mit europäischen und US-amerikanischen Forschern in der Fachzeitschrift Nature Chemical Biology über einen neu entwickelten, lichtschaltbaren Wirkstoff.

Die pharmakologische Modulation von Ionenkanälen ist häufig mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden, da bei systemischer Gabe eines Kanalblockers nicht nur die Ionenkanäle im Zielorgan, sondern häufig auch in anderen Geweben moduliert werden. Der neue, lichtschaltbare Wirkstoff erlaubt die Steuerung eines spannungsgesteuerten Kalziumkanals mit der räumlichen und zeitlichen Präzision einer Lichtquelle.

„Den Lichtschalter“, so Dr. Timm Fehrentz, Erstautor der Publikation, „haben wir nach pharmakologischen Prinzipien im Baukastenprinzip entwickelt.” Er basiert auf der Kombination des klinisch bereits bei Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen eingesetzten Wirkstoffs Diltiazem und dem chemischen Photoschalter Azobenzol. Diese Kombination ermöglicht ein An- und Ausschalten des Wirkstoffs in Abhängigkeit von der Wellenlänge des eingestrahlten Lichts.

In ihrer Arbeit haben die Forscher den neuen Wirkstoff zunächst in Zellkulturmodellen mit elektrophysiologischen und fluoreszenzoptischen Methoden charakterisiert, um ihn schließlich in zwei ex vivo Modellen auf ein mögliches Übertragungspotenzial in die klinische Anwendbarkeit zu prüfen. In diesen Experimenten konnte gezeigt werden, dass der Wirkstoff eine Regulation der Insulinsekretion an isolierten Langerhans-Inseln des Pankreas und eine Regulation der Herzfrequenz am isolierten Mausherzen (Langendorff Präparation) mittels lokaler Lichtquelle erlaubt.

„Die Methoden der Photopharmakologie“ so Prof. Nikolaj Klöcker, Direktor des Instituts für Neuro- und Sinnesphysiologie und Dekan der Medizinischen Fakultät, „bergen großes Innovationspotenzial. Systemische Nebenwirkungen von Pharmaka könnten durch eine lokale, lichtgesteuerte Aktivierung von Photopharmaka im Zielorgan minimiert werden.“ Die Düsseldorfer Wissenschaftler arbeiten daher bereits mit Hochdruck an der Entwicklung „optischer“ Antiarrhythmika.

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