Biopharmazeutika legen zu: mehr Präparate, mehr Umsatz, mehr Arbeitsplätze

Anteil von Biopharmazeutika bei den Zulassungen so hoch wie nie zuvor

28.06.2018 - Deutschland

Biopharmazeutika, also Medikamente aus gentechnischer Herstellung, sind weiter im Aufwind: 2017 gab es mit 23 mehr Zulassungen für Biopharmazeutika als je zuvor und erstmals auch mehr Zulassungen als für andere Medikamente (22). Zehn dieser Biopharmazeutika waren Biosimilars, also Nachahmerpräparate von Biopharmazeutika nach Ablauf des Patentschutzes. Die Branche der medizinischen Biotechnologie, die diese Medikamente entwickelt, produziert und vertreibt, erwies sich 2017 erneut als Jobmotor: Es gab in Deutschland einen Zuwachs um 2.900 (+6,6 %) auf 47.000 Mitarbeiter, die großenteils hoch qualifiziert sind.

Dies sind Ergebnisse des Branchenreports „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2018“, den die Stratgieberatung The Boston Consulting Group (BCG) für vfa bio – die Interessengruppe Biotechnologie im Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) – erarbeitet hat. Er analysiert die Aktivitäten aller Unternehmen in der medizinischen Biotechnologie in Deutschland.

Der Umsatz mit Biopharmazeutika betrug 2017 10,2 Milliarden Euro (im ambulanten und Klinik-Bereich zusammen, öffentlich bekannte Rabatte berücksichtigt) gegenüber 9,3 Milliarden Euro 2016. Ihr Marktanteil erreichte 26,0 % (zuvor 24,8 %). „Ausschlaggebend für diese Umsatzentwicklung sind weiter zunehmende Verordnungen aufgrund des hohen Bedarfs. Denn mit Biopharmazeutika lassen sich einige Therapien verwirklichen, die anders nicht möglich wären, etwa in der Immunonkologie oder der Behandlung bestimmter Stoffwechselerkrankungen“, so Dr. Frank Mathias, Vorsitzender von vfa bio und CEO der Rentschler Biopharma SE heute bei der Vorstellung des Reports in Frankfurt a.M.

Der medizinische Bedarf für Biopharmazeutika zeigt sich auch in den Entwicklungsprojekten: Insgesamt befinden sich bei den untersuchten Unternehmen 639 weitere Biopharmazeutika in der klinischen Erprobung; damit bleiben die Anstrengungen für künftige Produkte auf gleichbleibend hohem Niveau wie im Vorjahr.

Den Innovationszyklus fördern

Mathias weiter: „Dies alles zeigt, dass die medizinische Biotechnologie weltweit noch an Bedeutung zunehmen wird. Doch andere Länder tun mittlerweile weitaus mehr als Deutschland, um sie bei sich zu entwickeln. Wenn Deutschland nicht zurückstehen und im Gegenteil sogar mehr Anteil an der Wertschöpfung haben möchte – also an Forschung, Entwicklung und Produktion – dann ist es gut beraten, den zugrunde liegenden Innovationszyklus nachhaltig zu unterstützen. Dazu gehört, das Gesundheitssystem innovationsoffen zu gestalten. Dazu zählt, endlich eine steuerliche Forschungsförderung einzuführen, wie es fast alle Wettbewerberländer erfolgreich getan haben. Dringend muss für kleine und mittlere Unternehmen mehr Innovationskapital mobilisiert werden. Unternehmen wie Investoren brauchen Signale, dass es sich lohnt, gerade in Deutschland weiter Geld und Grips für die Entwicklung neuer Biopharmazeutika aufzuwenden.“

Stoffwechselkrankheiten im Fokus

Ein Schwerpunkt des aktuellen Reports bilden Stoffwechselkrankheiten. Unter diesen ist Diabetes die häufigste: In Deutschland leiden rund sieben Millionen Patienten am Typ 2 und noch einmal etwa 300.000 am Typ 1, Tendenz steigend. Dadurch entstehen jährlich Kosten von 35 Milliarden Euro. Nur rund 20 Prozent davon entfallen auf die eigentliche Diabetesbehandlung. Die übrigen Kosten entstehen durch Folgeerkrankungen, Frühverrentungen und Produktivitätsverluste. Das Risiko der Folgeerkrankungen ist aber umso geringer, je besser die Patienten ihren Blutzuckerspiegel medikamentös einstellen können. Ärzte können dafür die jeweils bestgeeignete Therapie aus einem Arzneimittelrepertoire zusammenstellen, in dem Biopharmazeutika wie Insuline und GLP-1-Analoga eine wichtige Rolle spielen. Die therapeutische Vielfalt ist eine Voraussetzung für die bedarfsgerechte Versorgung.

„Das Beispiel Diabetes zeigt, wie wichtig es ist, Arzneimittelausgaben nicht isoliert zu betrachten“, so Judith Wallenstein, Senior Partnerin bei BCG. „Für Diabetes-Patienten stehen hochwirksame Medikamente für die kurzfristige und langanhaltende Kontrolle des Blutzuckerspiegels zur Verfügung – eine Situation, die sich in Zukunft noch weiter verbessern dürfte. Dennoch sind viele Patienten sehr schlecht eingestellt. Nur ein holistischer ‚Value-Based Health Care‘-Ansatz, der auf eine wirklich patientenorientierte Versorgung zielt, wird diese Situation verbessern – auch durch einen besseren Zugang zu Daten und digitalen Patientenmanagement-Modellen.“

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