Neuer Ansatz in der Analyse von Immunantworten auf Krebs

Tumor-spezifische Antikörper im Blut könnten ein weiterer Schritt bei der Krebsfrüherkennung sein

30.03.2010 - Deutschland

Antikörper, die Waffen des körpereigenen Abwehrsystems im Kampf gegen Krankheitserreger, werden seit langem in Klinik und Labor eingesetzt. Beispielsweise kann man mit ihrer Hilfe Virusinfektionen wie die sogenannte Schweinegrippe diagnostizieren, aber auch Krebserkrankungen mit Antikörpern wie Herceptin oder Erbitux behandeln. Auch in der Forschung spielen sie eine wichtige Rolle, etwa um nachzuweisen, dass das patienteneigene Immunsystem auf Krebszellen reagiert und damit zu beweisen, dass das Immunsystem durchaus mit Krebszellen interagiert. Aufgrund dieser Tatsache kann man heute mit Impfstoffen versuchen, die Krebsentstehung zu verhindern oder auch schon vorhandene Krebserkrankungen durch eine gezielte Stärkung der Immunabwehr zu behandeln.

Professor Dr. Dirk Jäger vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg untersuchte gemeinsam mit Dr. Lloyd J. Old vom Ludwig Institute for Cancer Research (LICR) New York City systematisch Antikörperantworten bei Krebspatienten. In der aktuellen Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten sie nun Ergebnisse, die zu neuen Ansätzen für die Früherkennung von Eierstock- und Bauchspeicheldrüsenkrebs führen könnten. Ebenso könnten diese Forschungsresultate auch helfen, geeignete Patienten für zielgerichtete Krebsbehandlungen zu identifizieren.

Die Forscher untersuchten das Patientenserum auf Antikörperantworten gegen mehr als 8.000 verschiedene Eiweiße mittels sogenannter Proteinarrays. Diese enthalten Testfelder mit sogenannten Spots auf engstem Raum. Untersucht wurde Blut von Gesunden und von Patienten, die an Eierstock- sowie an Bauchspeicheldrüsenkrebs litten. Dieses Detektionsverfahren erlaubt anschließend die Unterscheidung zwischen Spots mit oder ohne Interaktion. Im Blut von an Eierstockkrebs erkrankten Patientinnen fanden die Wissenschaftler wesentlich mehr Antikörper als im Blut von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs. "Das könnte ein Grund für die schlechte Prognose von Bauchspeicheldrüsenkrebs sein", spekuliert Dirk Jäger. "Je weniger Antikörper der Patient im Blut aufweist, desto schlechter scheint sein Immunsystem den Krebs zu erkennen und abzustoßen".

Die Antikörperantwort eines Patienten auf eine Tumorerkrankung bietet aber noch weitere Möglichkeiten: So könnte der Nachweis von Antikörpern im Blut eine Krebserkrankung frühzeitig anzeigen, was insbesondere bei Bauchspeicheldrüsen- und Eierstockkrebs von großer Bedeutung wäre, betont Dirk Jäger: "Diese Krebsarten werden in der Regel erst dann bemerkt, wenn der Tumor schon weit fortgeschritten ist. Das ist für die Prognose äußerst ungünstig. Könnten wir die Tumoren früher aufspüren, wären die Heilungschancen für die Patienten sehr viel höher", erhofft sich der Krebsspezialist.

Das ehrgeizige "cancer seromics" Projekt steht erst am Anfang von weit umfassenderen Analysen. Die Forschungsergebnisse aus diesem Projekt, welcher Antikörper mit welchem Protein im Tumor reagiert, sollen in eine Datenbank einfließen, zu der Krebsforscher aus aller Welt Zugang erhalten sollen. Ziel ist es, so schnell wie möglich aussagekräftige Marker für die Früherkennung zu finden, Impftherapien gegen bestimmte Krebsarten zu entwickeln oder neue immuntherapeutische Ansätze in der Krebstherapie zu erforschen. "Das Immunsystem als Waffe gegen den Krebs ist noch längst nicht ausgereizt", weiß Dirk Jäger, "es ist an der Zeit, diese Möglichkeit im Kampf gegen die heimtückische Krankheit Krebs stärker zu nutzen."

Originalveröffentlichung: Gnjatic S, Ritter, E, Büchler MW, Giese NA, Brors B, Frei C, Murray A, Halama N, Chen Y-T, Andrews C, Ritter G, Old LJ, Odunsi K, and Jäger D.; "Seromic profiling of ovarian and pancreatic cancer"; Proc Natl Acad Sci USA. 2010 Mar 16;107(11):5088-93

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