Neues DNA-Syntheseverfahren imitiert die Natur

Leichtere Herstellung synthetischer DNA

28.06.2018 - Deutschland

Zwei Biologie-Studenten der TU Darmstadt haben gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam des Lawrence Berkeley National Laboratorys ein innovatives Verfahren zur enzymatischen Synthese neuer DNA-Sequenzen entwickelt. Damit setzten sie eine seit Jahrzehnten diskutierte Idee erstmals in die Tat um.

Stephanie Werner

Sebastian Barthel (li.) und Sebastian Palluk im Labor.

Das Verfahren zur Synthese neuer DNA-Konstrukte in einem enzymatischen Prozess soll langfristig gesehen die momentan verwendete chemische Methode zur DNA-Synthese ablösen, und verspricht, biologische Forschung und die Entwicklung von Biotechnologien zu beschleunigen. Die Einsatzmöglichkeiten von sogenannter synthetischer DNA, also künstlich hergestellten DNA-Sequenzen, sind zahlreich. Forscher können Mikroorganismen, wie zum Beispiel Bakterien oder Hefen, gezielt Gene einsetzen, so dass diese anschließend nützliche Stoffe wie Medikamente, Enzyme oder Chemikalien produzieren. Sebastian Palluk, Erstautor des in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology veröffentlichten Artikels, begann als Student an der TU Darmstadt nach einem iGEM-Wettbewerb, sich mit dem Prozess der DNA-Synthese zu beschäftigen und über alternative Verfahren nachzudenken. „Damals wollten wir E.coli-Bakterien dazu bringen, Plastik abzubauen. Bei der Laborarbeit ist mir schnell aufgefallen, dass wir einen Großteil der Zeit damit verbrachten, die benötigten DNA-Konstrukte herzustellen, anstatt die eigentlichen Versuche durchzuführen.“

Synthetische DNA wird seit etwa 35 Jahren mithilfe der gleichen organisch-chemischen Methode hergestellt. Für kurze DNA-Stränge von bis zu 150 Bausteinen (Nukleotiden) funktioniert die Technologie verhältnismäßig gut, bei zunehmender Länge jedoch ist das Verfahren fehleranfällig. Der Prozess für die Synthese eines Gens von mittlerer Länge mit 1500 Nukleotiden dauert etwa zwei Wochen und kostet mehrere hundert Euro. Zudem fallen toxische Abfallprodukte an.

Die nun in „Nature Biotechnology“ vorgestellte Technologie zur DNA-Synthese könnte diese Limitierungen umgehen. Das Verfahren basiert auf dem Enzym Terminale Deoxnucleotidyl Transferase (TdT), welches in unserem Immunsystem vorkommt. Auf Grund seiner Fähigkeit, DNA-Bausteine in hoher Geschwindigkeit und ohne Vorlage aneinander zu reihen, wird TdT schon seit Jahrzehnten im Zusammenhang mit enzymatischer DNA-Synthese diskutiert. Um definierte Sequenzen zu schreiben, muss das Enzym allerdings dazu gebracht werden, nur einen DNA-Baustein pro Reaktion einzubauen, was bis heute eine große Herausforderung darstellt.

Der klassische Ansatz, um den Einbau von Nukleotiden zu kontrollieren, basiert auf Schutzgruppen an den DNA-Bausteinen, die den Einbau der nächsten Base verhindern. Im Rahmen seiner Masterarbeit an der TU Darmstadt in der Forschungsgruppe von Professor Kay Hamacher erforschte Palluk diesen Ansatz und stellte fest, dass das Enzym nur eine niedrige Toleranz für die modifizierten DNA-Bausteine hat.

Ein anderer Ansatz war nötig, und Palluk schloss sich mit Jay Keasling, einem Professor der UC Berkeley und Pionier der synthetischen Biologie, und Daniel Arlow, Doktorand in dessen Gruppe, zusammen. „Daniel hatte dann den Einfall, dass wir das Enzym und das Nukleotid über einen chemischen Linker miteinander verknüpfen könnten“, erklärt Palluk. Jedem TdT-Enzym steht so nur ein DNA-Baustein für den Einbau zur Verfügung, und nach dem Einbau bleibt das Enzym durch den Linker an den DNA-Strang geknüpft und blockt den Zugang anderer TdT-Moleküle. Um nach der Addition eines Nukleotids den nächsten Schritt des Verfahrens einzuleiten, kann der Linker gespalten werden, was den DNA-Strang für weitere Additionen freigibt.

Schon nach kurzer Zeit erzielten die Forscher erste positive Ergebnisse. Auch TU-Student Sebastian Barthel wirkte bei der Entwicklung des Prozesses im Rahmen seiner Masterarbeit in der Gruppe um Keasling mit, und arbeitete zudem an TdT-Varianten mit verbesserten Eigenschaften.

Die Genauigkeit der neuen Technologie kommt der momentan verwendeten chemischen Synthesetechnologie nahe. „Die Hoffnung ist, zukünftig DNA-Sequenzen in Genlänge in einem Stück zu synthetisieren, und sie innerhalb weniger Tage zu den Forschern zu bringen“, so Barthel.

Professorin Beatrix Süß, Leiterin der Forschungsgruppe Synthetic Genetic Circuits am Fachbereich Biologie der TU, setzt große Hoffnungen in die neue Technologie. „Neue Methoden zur DNA-Sequenzierung haben die biologische Forschung innerhalb der letzten zehn Jahre grundlegend verändert. Unsere Fähigkeit, DNA zu synthetisieren, ist im gleichen Zeitraum fast konstant geblieben, obwohl der Prozess ebenso essentiell ist, und es viel Verbesserungsbedarf gibt. Mit dieser vielversprechenden ersten Demonstration eines enzymatischen Prozesses für die Synthese von DNA kommt nun endlich Bewegung in das Feld.“ Vereinfachter Zugang zu synthetischer DNA könnte beispielsweise die nachhaltige biotechnologische Herstellung von Produkten, die weltweit benötigt werden – wie Kleidung, Treibstoff, Essen und Medikamente –, erleichtern und neue Entwicklungen in der Medizin vorantreiben.

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