Rückenwind für Gründer
Helmholtz fördert sechs innovative Spin-Offs
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Unternehmensausgründungen aus der Forschung sind ein wichtiger Weg, um neue Technologien und Erkenntnisse zum gesellschaftlichen Nutzen in die Anwendung zu bringen. Helmholtz fördert deshalb Entrepreneure aus der Wissenschaft mit einer Reihe an Förderinstrumenten – unter anderem mit dem Programm „Helmholtz Enterprise“. 176 Ausgründungen hat es seit 2005 aus den Helmholtz-Zentren gegeben. Rund die Hälfte davon ist aus „Helmholtz Enterprise“ hervorgegangen. Nun stehen neue, vielversprechende Spin-Offs in den Startlöchern: Sechs Gründungsprojekte wurden in der aktuellen Ausschreibungsrunde in das Programm aufgenommen.
Um ihre Geschäftsideen in die Realität umzusetzen, erhalten die Gründer über einen Zeitraum von zwölf Monaten eine Finanzierung von bis zu 260.000 Euro und durchlaufen unterstützende Programme. „Mit Helmholtz Enterprise fördern wir brillante Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihren Geschäftsideen“, sagt Otmar D. Wiestler, der Präsident von Helmholtz. „Ihre jungen Unternehmen sind das Ergebnis jahrelanger, exzellenter Forschung an unseren Zentren. Ihre neuen Produkte und Verfahren haben ein hohes Innovationspotenzial. Deshalb tragen sie einen wichtigen Teil dazu bei, technischen Fortschritt in unseren Alltag zu bringen. Ich wünsche ihnen hierbei viel Erfolg!“ Die Hälfte der Helmholtz-Enterprise-Förderung stammt aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds von Helmholtz, die andere Hälfte steuert das jeweils beteiligte Helmholtz-Zentrum bei, an dem die Basistechnologie der Geschäftsidee entwickelt wurde.
Die sechs aktuell geförderten Projekte sind:
1. Verbesserte Therapie von Krebspatienten (Theraselect)
Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (HMGU)
Neue diagnostische und pharmakologische Tests zur Verbesserung der Therapie von Krebspatienten sind die Ziele von Theraselect. Grundlage für die Ausgründung am Helmholtz Zentrum München aus der Abteilung Analytische Pathologie sind eigens entwickelte Methoden in der bildgebenden Massenspektrometrie, die tausende von Molekülen in Gewebeproben sichtbar machen. Dadurch wird zusätzlich zur Zellstruktur erkennbar, welche Moleküle sich an welchem Ort aufhalten. Auf diesem Weg können bei Arzneimittelstudien Wirkstoffe und ihre Stoffwechselprodukte unterschieden werden, um den Erfolg einer Therapie nachzuweisen. Zusätzlich erlaubt die Methode, spezifische Biomarkerprofile aus klinischen Gewebeproben zu erfassen. Anhand der Ergebnisse könnten Ärzte künftig personalisierte Behandlungsentscheidungen treffen. Der ortsaufgelöste Nachweis bisher nicht detektierbarer, tumorinduzierender Moleküle könnte neue Maßstäbe in der Krebsdiagnostik setzen.
2. Brennstoffzellen-Kraftpaket gibt Lastenfahrrädern mehr Power (FCPP)
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Stuttgart
Mit dem Fuel Cell Power Pack (FCPP) hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein neuartiges Brennstoffzellenmodul entwickelt, das Lastenräder fit für den Alltagseinsatz macht. Es lässt sich in Sekunden betanken und funktioniert zuverlässig auch bei tiefen Temperaturen. Es ermöglicht eine höhere Reichweite und doppelte Lebensdauer bei vergleichbaren Kosten gegenüber rein batteriebetriebenen Systemen. Zudem lässt es sich in bestehende Fahrradkonzepte integrieren. Der Anwendungsfokus liegt auf der sogenannten letzten Meile, also der Strecke zwischen Verteilzentren und Kunden. Diese gewinnt durch den zunehmenden Online-Handel stark an Bedeutung. Die DLR-Ausgründung stellt die Technologie und ein innovatives Logistikkonzept bereit, das schneller und flexibler als PKW oder Transporter ist und dabei emissionsfrei und leise.
3. Wertvolle Muskelstammzellen aufbewahren (MyoPax)
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)
Seltene Muskeldystrophien zerstören mit den Muskeln auch die Stammzellen des Gewebes. Die Betroffenen verlieren damit die Chance auf Heilung durch Stammzell-basierte Therapien. An diesen wird derzeit intensiv geforscht. MyoPax ist die erste Biobank für Muskelgewebe auf Arzneimittelniveau, die es heute Erkrankten ermöglichen soll, in Zukunft von diesen Therapien zu profitieren. Das Gründungsteam vom Experimental and Clinical Research Center (ECRC), einer gemeinsamen Einrichtung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin, arbeitet an regenerativen Therapien gegen Muskelschwund, um mehr als 50 erbliche, bislang unheilbare Muskelkrankheiten zu kurieren. Mit einem patentierten Verfahren gewinnen sie primäre Muskelstammzellen aus Routine-Biopsien. In diesen Stammzellen können die Forscherinnen und Forscher dann Gendefekte reparieren, sie als Muskelzellen vermehren und neues Gewebe aufbauen. Die MyoPax-Biobank bewahrt die aufbereiteten Gewebeproben für Erkrankte so lange auf, bis das Verfahren fertig entwickelt ist und eine amtliche Zulassung erhält. Derzeit wird es präklinisch erprobt.
4. Knochenschwund früher erkennen (Osteolabs)
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
Osteoporose oder Knochenschwund ist eine Volkskrankheit, unter der viele Frauen im fortgeschrittenen Alter leiden. Die Folge sind Knochenbrüche bis hin zum kompletten Verlust der Mobilität. Ein Forscherteam des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel entwickelt mit Medizinern des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein im Projekt OSTEOLABS einen nicht-invasiven Biomarker auf der Basis einer aus der Meereschemie stammenden Analysemethode für Kalziumisotope, die nur Urin oder Blut für die Untersuchung benötigt. Der Biomarker soll viel früher als mit den traditionellen Methoden Knochenschwund erkennen und im Krankheitsfall auch den Therapieerfolg messen können, um so eine personalisierte Behandlungsstrategie und optimierte Medikation sicher zu stellen. Ziel der Ausgründung ist es, diesen Test als Medizinprodukt und Serviceleistung zur Osteoporose-Früherkennung anzubieten. OSTEOLABS wurde bereits durch ein Validierungsprojekt der Helmholtz-Gemeinschaft mit 1,8 Mio. Euro gefördert.
5. Simulationsmethoden für den Leichtbau (Simutence)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Faserverstärkte Kunststoffe bieten hervorragende mechanische Eigenschaften wie beispielsweise eine hohe Materialsteifigkeit und gleichzeitig ein sehr geringes Gewicht. Damit haben sie enormes Potenzial für den Leichtbau in Fahrzeugstrukturen. Jedoch lässt sich die Belastbarkeit entsprechender Bauteile ebenso wie die Herstellbarkeit in Produktionsprozessen mit aktuell verfügbarer Software nicht ausreichend genau simulieren und auslegen. Die Folge: hohe Unsicherheiten und Kosten bei der Entwicklung und dem Einsatz von faserverstärkten Kunststoffen. Forscher des Instituts für Fahrzeugtechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben entsprechende Simulationsmethoden nun maßgeblich verbessert: Mit dem Start-up Simutence bieten sie neue Verfahren für die virtuelle Produktentwicklung von faserverstärkten Kunststoffen als Dienstleistungen und als Zusatzmodule für kommerziell erhältliche Software an. Auf Basis von Prozess- und Struktursimulationen wird es möglich, faserverstärkte Kunststoffe innerhalb einer virtuellen Prozesskette zuverlässig auszulegen und die zugehörigen Herstellungsprozesse und Bauteile zu optimieren.
6. Schnelle energetische Analyse von Gebäuden und Wohnungen (neofizient)
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Köln und Jülich
Etwa die Hälfte der rund 40 Millionen Wohnungen in Deutschland muss in den kommenden 20 Jahren saniert werden. Aufgrund von Energiesparvorschriften und einem großen Einsparpotenzial durch neue Materialien und Technologien, ist eine Gebäudeenergieberatung zur Planung der Sanierung nötig. Diese Beratungen sind zeitintensiv und teuer, da ein Experte vor Ort aufwendige Messungen durchführen muss. Das Vorgehen sowie die Dokumentation sind nicht standardisiert und aufgrund von unterschiedlicher Qualität nicht miteinander vergleichbar. Eine einfache Einschätzung des energetischen Zustands ohne Vor-Ort-Analyse durch einen Experten ist derzeit nicht möglich. Das Spin-off neofizient des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bietet eine schnelle, günstige und standardisierte Erstellung von energetischen Gebäudemodellen an. Die Messung mit einem neu entwickelten Infrarot (IR)-Innenraumscanner ist so einfach, dass sie auch von Laien durchgeführt werden kann. Der Innenraumscanner basiert auf einem optischen 360°-Kamerasystem, das visuelle und IR-Daten kombiniert. Aus diesen Daten wird ein 2.5-dimensionales Raummodell erstellt, in dem energetische Informationen wie U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient), Wärmebrücken sowie Feuchtigkeit dargestellt werden.
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