Warum Malaria-Parasiten schneller sind als die menschlichen Abwehrzellen

25.07.2018 - Deutschland

Elementares Protein des Zellskeletts ist bei Parasiten anders aufgebaut/ Ansatzpunkt für mögliche neue Therapie gegen Malaria-Infektionen

Universitätsklinikum Heidelberg, ZMBH, HITS

Mücken (links) injizieren Malaria-Parasiten (oben Mitte). Diese bewegen sich schnell (unten Mitte), indem sie ein Protein verwenden, das auch in Säugetieren (unten rechts) vorkommt: Aktin (rechts).

Malaria-Parasiten der Gattung Plasmodium bewegen sich zehnmal schneller durch die Haut als Immunzellen, deren Aufgabe es eigentlich wäre, derartige Krankheitserreger einzufangen. Heidelberger Wissenschaftler fanden nun heraus, warum der Parasit schneller ist als seine Gegenspieler. Der Grund liegt im Aktin, einem für die Struktur und Fortbewegung von Zellen wichtigen Protein, das im Parasiten anders aufgebaut ist als in Säugetieren. Die Erkenntnisse von Ross Douglas und seinen Kollegen vom Zentrum für Infektiologie (Bereich Parasitologie) am Universitätsklinikum Heidelberg, dem Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH) und dem Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) verändern nicht nur das Verständnis einer Schlüsselkomponente aller lebenden Zellen, sondern liefern auch Informationen, die bei der Entdeckung von Arzneimitteln helfen könnten.

Wie schafft es der Malaria-Parasit, sich so extrem schnell zu bewegen?

Wie Legosteine, die sich zu langen Ketten zusammenfügen lassen, wird Aktin zu langen seilartigen Strukturen, den Filamenten, zusammengesetzt. Diese Filamente sind wichtig für die richtige Funktion der Zellen, zum Beispiel in Muskelzellen, um jede unserer Bewegungen zu ermöglichen. Sie dienen aber auch dazu, dass sich Zellen des Immunsystems bewegen und eindringende Krankheitserreger einfangen können. Ebenso sind sie von großer Bedeutung für die Bewegung des Malariaparasiten. „Seltsamerweise bewegen sich Malariaparasiten zehn Mal flinker als die schnellsten unserer Immunzellen und übertreffen unsere Abwehrkräfte buchstäblich. Wenn wir diesen wichtigen Bewegungsunterschied verstehen, können wir den Parasiten gezielt angreifen und stoppen“, sagt Dr. Ross Douglas vom Heidelberger Zentrum für Infektiologie. Eine Schlüsselfrage der Arbeit, die aktuell in der Fachzeitschrift „PLOS Biology“ veröffentlicht wurde, ist daher, warum sich die Geschwindigkeit, mit der Aktinfilamente auf- und abgebaut werden, zwischen Parasiten und Säugetieren unterscheidet.

Zwitter aus parasitärem und Säugetierprotein brachten neue Erkenntnisse

Bekannt war, dass das Parasiten-Protein in bestimmten Abschnitten anders als das klassische Aktin der Säugetiere aufgebaut ist. Um dem Geschwindigkeitsunterschied auf die Spur zu kommen, ersetzten die Wissenschaftler daher Teile des parasitären Proteins im Labor durch entsprechende Proteinabschnitte aus Säugetier-Aktin. „Als wir diese Veränderungen in dem Parasiten machten, bemerkten wir, dass einige Parasiten gar nicht überleben konnten, während andere plötzlich zögerten, wenn sie sich bewegten“, sagt Dr. Ross Douglas. Um den zugrundeliegenden Mechanismus zu untersuchen, haben die beteiligten Wissenschaftler Experimente und Simulationen von der Modellierung auf molekularer Ebene bis hin zur Beobachtung der Parasiten in lebenden Tieren durchgeführt. „Um zu beobachten, wie sich die Struktur und Dynamik der Aktinfilamente durch den Austausch einzelner Abschnitte verändert, waren Computerressourcen mit hoher Leistungsfähigkeit notwendig“, sagt Prof. Dr. Rebecca Wade, die sowohl am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) als auch am Zentrum für Molekulare Biologie (ZMBH) der Universität Heidelberg Arbeitsgruppen zur Erforschung der Wechselwirkungen von Proteinen mit Hilfe von Computersimulationen und mathematischen Modellen leitet.


Diese Ergebnisse könnten jetzt verwendet werden, um chemische Verbindungen zu entdecken, die selektiv auf das Parasiten-Aktin zielen, und entweder den Auf- oder den Abbau der Filamente beeinflussen. „Auf diese Weise könnte es möglich werden, den gesamten Parasiten effektiv zu stoppen“, fasst Dr. Ross Douglas zusammen. Vorbild für dieses Vorgehen ist das Tubulin, ein anderer Proteintyp, der über die sogenannten Mikrotubuli ebenfalls am Aufbau des Zellskeletts beteiligt ist. Medikamente wie Mebendazol, die auf parasitäre Mikrotubuli zielen, werden seit Jahrzehnten erfolgreich zur Behandlung von Menschen und Tieren gegen parasitäre Würmer eingesetzt. Gefördert wurde das gemeinsame Forschungsprojekt unter anderem durch den Innovationsfonds Fund FRONTIER der Universität Heidelberg.

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