Bakterien produzieren Sauerstoff - sogar ohne Licht

Wissenschaftler haben die molekularen Tricks entschlüsselt, mit denen ein spezielles Bakterium seinen Sauerstoffbedarf abdeckt, um das Treibhausgas Methan zu nutzen

29.03.2010 - Niederlande

Ein niederländisches Wissenschaftlerteam von der Radboud Universität in Nijmegen entdeckte Bakterien, die Methan ohne vorhandene Sauerstoffquelle nutzen. Statt Sauerstoff verwenden diese Nitrit, das durch intensive Düngung in landwirtschaftlich genutzten Flächen im SüßWasser reichlich vorkommt. Methan ist ein sehr reaktionsträges Molekül, von dem Wissenschaftler bislang annehmen, dass es ohne Einsatz von Sauerstoff oder Sulfat kaum abgebaut werden kann. Nun hat ein internationales Team von Wissenschaftlern aus den Niederlanden, Frankreich und Deutschland bewiesen, dass diese Bakterien doch Sauerstoff einsetzen. Diesen Sauerstoff produzieren sie wie die Pflanzen selbst, nur Licht brauchen sie dazu nicht. Der Sauerstoff kommt vom Nitrit. Bislang waren sich die Wissenschaftler einig, dass die Kunst, Sauerstoff zu produzieren den Pflanzen, den Algen und den Cyanobakterien vorbehalten war. Jetzt sind die Forscher einem neuen Mechanismus auf der Spur, der schon existierte, bevor die ersten Pflanzen auf der Erde erschienen.

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Der neu entdeckte Mikroorganismus Methylomirabilis oxyfera unter dem Fluoreszenz-Mikroskop

Für die Forscher war es schwierig, die Reaktionswege der Sauerstoffproduktion nachzuvollziehen, denn der verantwortliche Mikroorganismus wächst extrem langsam und ist deshalb nur in geringer Zahl in der mikrobiellen Gemeinschaft vorhanden. Die Forscher mussten deshalb die neuesten Methoden der Genanalytik einsetzen. Mit dem metagenomischen Ansatz isolierten sie zunächst Gen-Fragmente aus der Wasserprobe, die sie anschließend sequenzierten. Was bislang weltweit nur in wenigen Fällen wirklich gelang, schafften die französischen Kollegen von Genoscope mit Spezialsoftware. Wie bei einem Puzzle konnten sie das Genom rekonstruieren.

Zur Überraschung der Forscher zeigte die vollständige Genomsequenz, dass die bekannten Gene für die Nitritreduktion fehlten und dass das Bakterium von Sauerstoff abhängt. "Die experimentellen Labordaten standen im Widerspruch zu den Genomdaten", sagt Marc Strous, der die wissenschaftlichen Arbeiten in Nijmegen koordinierte und inzwischen ans Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen gewechselt ist.

Wie kann es das Bakterium unter diesen Umständen die Energie aus der Oxidation von dem inerten Methan (CH4) mithilfe von Nitrit (NO2-) als Elektronenakzeptor ziehen? Das ist fast so schwierig, wie unter Wasser eine Fackel anzuzünden. Um dieses Paradox zu lösen, kamen die Bremer Max-Planck-Forscher um den neuen Direktor Marcel Kuypers zu Hilfe. Mit Mikrosensoren und Massenspektroskopie rückten sie dem Problem auf den Leib und bestätigten, dass das Paradox real ist. Beide Befunde aus dem Labor und aus den Genomdaten passen zusammen, aber nur, wenn das Bakterium einen besonderen Reaktionsweg zur Sauerstoffproduktion einsetzt. Diesen Sauerstoff nachzuweisen war ein langwieriges Unternehmen: Erst nach einem Jahr gelang der Doktorandin Katharina Ettwig dieser experimentelle Beweis. Sie gab dem Mikroorganismus den Namen Methylomirabilis oxyfera (wunderbarer Methan-Esser, der Sauerstoff produziert), weil dieser zwei Nitritmoleküle nutzt um daraus Stickstoffmonoxid (NO) und Sauerstoff (O2) freizusetzen. Damit kann dann das Methan oxidiert werden.

Jetzt schlagen die Wissenschaftler vor, dass dieser neu entdeckte Reaktionsweg der "missing link" ist, der vor Milliarden Jahren die Evolution der Photosynthese ermöglichte, mit der Pflanzen Sauerstoff produzieren. Die neuen Ergebnisse sollten darüber hinaus zum Anlass genommen werden, die Rolle von Düngemitteln beim Methan-Kreislauf zu überdenken.

Dieses Projekt wurde von der Netherland Organisation for Scientific Research (NWO) unterstützt.

Originalveröffentlichung: Katharina F. Ettwig et al.; "Nitrite-driven anaerobic methane oxidation by oxygenic bacteria"; Nature, 25. März 2010

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