Graphenstacheln können Bakterien auf Implantaten abtöten

16.04.2018 - Schweden

Eine winzige Schicht von Graphenflocken wird zu einer tödlichen Waffe und tötet Bakterien ab, wodurch Infektionen bei Verfahren wie der Implantatchirurgie gestoppt werden.

Operationen im Bereich der chirurgischen Implantate, wie Hüft- und Knieprothesen oder Zahnimplantate, haben in den letzten Jahren zugenommen. Bei solchen Verfahren besteht jedoch immer die Gefahr einer bakteriellen Infektion. Im schlimmsten Fall kann dies dazu führen, dass sich das Implantat nicht am Skelett festsetzt, sondern entfernt werden muss.

Bakterien bewegen sich in Flüssigkeiten, wie z.B. Blut, auf der Suche nach einer Oberfläche, an der sie sich festhalten können. Einmal an Ort und Stelle, beginnen sie zu wachsen und sich zu vermehren und bilden eine Schutzschicht, den so genannten Biofilm.

Ein Forscherteam bei Chalmers hat nun gezeigt, dass eine Schicht aus vertikalen Graphenflocken eine schützende Oberfläche bildet, die das Anhaften von Bakterien unmöglich macht. Stattdessen werden die Bakterien durch die scharfen Graphenflocken auseinandergeschnitten und abgetötet. Die Beschichtung von Implantaten mit einer Schicht aus Graphenflocken kann daher helfen, den Patienten vor Infektionen zu schützen, die Notwendigkeit einer antibiotischen Behandlung zu ersparen und das Risiko einer Implantatabstoßung zu verringern. Die Osseointegration - der Prozess, durch den die Knochenstruktur zur Befestigung des Implantats wächst - wird nicht gestört. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass das Graphen den Knochenzellen zu Gute kommt.

Die Chalmers University ist führend auf dem Gebiet der Graphenforschung, aber die biologischen Anwendungen haben erst vor wenigen Jahren begonnen. Die Forscher sahen in früheren Studien widersprüchliche Ergebnisse. Einige zeigten, dass Graphen die Bakterien schädigte, andere, dass sie nicht betroffen waren.

"Wir entdeckten, dass der Schlüsselparameter die vertikale Ausrichtung des Graphens ist. Wenn es horizontal ist, werden die Bakterien nicht geschädigt", sagt Ivan Mijakovic, Professor am Institut für Biologie und Bioverfahrenstechnik.

Die scharfen Flocken schädigen die menschlichen Zellen nicht. Der Grund ist einfach: Ein Bakterium hat einen Durchmesser von einem Mikrometer - ein Tausendstel Millimeter - und eine menschliche Zelle von 25 Mikrometern. Was also einen tödlichen Messerangriff für ein Bakterium darstellt, ist daher nur ein winziger Kratzer für eine menschliche Zelle.

"Graphen hat ein hohes Potenzial für Gesundheitsanwendungen. Aber wir brauchen mehr Forschung, bevor wir behaupten können, dass sie völlig sicher ist. Wir wissen unter anderem, dass Graphen nicht leicht abbaubar ist", sagt Jie Sun, Associate Professor am Department of Micro Technology and Nanoscience.

Auch gute Bakterien werden durch das Graphen abgetötet. Das ist aber kein Problem, da die Wirkung lokalisiert ist und das Gleichgewicht der Mikroflora im Körper ungestört bleibt.

"Wir wollen verhindern, dass Bakterien eine Infektion verursachen. Andernfalls benötigen Sie möglicherweise Antibiotika, die das Gleichgewicht normaler Bakterien stören und auch das Risiko einer Antibiotikaresistenz durch Krankheitserreger erhöhen könnten", sagt Santosh Pandit, Postdoc bei Biology and Biological Engineering.

Vertikale Flocken aus Graphen sind keine neue Erfindung, denn sie existieren schon seit einigen Jahren. Aber die Chalmers-Forschungsteams sind die ersten, die das vertikale Graphen auf diese Weise verwenden. Der nächste Schritt für die Wissenschaftler besteht darin, die Graphenflocken weiter zu testen, indem sie Implantatoberflächen beschichten und die Wirkung auf tierische Zellen untersuchen.

Yen Strandqvist/Chalmers University of Technology

Graphenspitzen schneiden Bakterien auseinander, lassen aber die weitaus größeren menschlichen Zellen unbeschädigt, wie die Studie zeigt.

Die Herstellung vertikalen Graphens

Graphen besteht aus Kohlenstoffatomen. Es ist nur eine einzige Atomschicht dick und damit eines der dünnsten Materialien der Welt. Graphen wird in Flocken oder Folien hergestellt. Es ist 200-mal stärker als Stahl und hat dank seiner schnellen Elektronenbeweglichkeit eine sehr gute Leitfähigkeit. Graphen ist auch sehr empfindlich gegenüber Molekülen, so dass es in Sensoren eingesetzt werden kann.

Graphen kann durch Gasphasenabscheidung hergestellt werden. Die Methode wird verwendet, um eine dünne Oberflächenbeschichtung auf einer Probe zu erzeugen. Die Probe wird in eine Vakuumkammer gelegt und auf eine hohe Temperatur erhitzt, während gleichzeitig drei Gase - meist Wasserstoff, Methan und Argon - in die Kammer abgegeben werden. Durch die hohe Hitze reagieren die Gasmoleküle miteinander und es entsteht eine dünne Schicht aus Kohlenstoffatomen.

Zur Herstellung von vertikalen Graphenformen wird das so genannte Plasma-Enhanced Chemical Vapor Deposition, kurz PECVD, eingesetzt. Dann wird ein elektrisches Feld - ein Plasma - über die Probe gelegt, wodurch das Gas in der Nähe der Oberfläche ionisiert wird. Beim Plasma wächst die Kohlenstoffschicht vertikal von der Oberfläche, nicht horizontal wie bei der CVD.

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