Mikrobielle Signalerkennung aus dem Baukasten

Biochemiker zeigen, wie die Evolution einen Nährstoff-Sensor aus existierenden Elementen kombiniert

16.01.2018 - Deutschland

Ein Team um die Freiburger Biochemikerin Prof. Dr. Susana Andrade hat ein Protein identifiziert, das es bestimmten Mikroorganismen ermöglicht, Ammonium in ihrer Umgebung zu erkennen und aufzunehmen. Ammonium gilt als Schadstoff, der Ökosysteme belastet – für diese Bakterien jedoch ist es eine wichtige Energiequelle.

Susana Andrade

Hypothetisches, gestrecktes Modell des Anammox-Ammonium-Sensorproteins.

Das Element Stickstoff ist ein unverzichtbarer Baustein aller Biomoleküle und daher für alle Organismen von großer Bedeutung. Darüber hinaus haben sich einige Vertreter aus dem Reich der Mikroorganismen darauf spezialisiert, verschiedene Stickstoffverbindungen als Energiequelle für ihr Wachstum zu nutzen. Besonders ausgeprägt ist dies bei den anaeroben Ammoniumoxidierern: Diese Bakterien benötigen für ihren Stoffwechsel keinen Sauerstoff und setzen gleich zwei wichtige Stickstoffverbindungen, Ammonium und Nitrit, miteinander zu Stickstoffgas um, das etwa 80 Prozent der Erdatmosphäre ausmacht. Durch diese Reaktion kommt den Mikroorganismen eine wichtige Rolle in der Entgiftung von Stickstoffverbindungen zu, wie sie etwa durch den Einsatz von Düngemitteln vermehrt in die Umwelt gelangen.

Die Forscher haben in den Bakterien ein ungewöhnliches Protein identifiziert: Es ähnelt zur Hälfte den bekannten Transportproteinen für Ammoniumionen, verfügt aber zusätzlich über ein zweites Modul, das zur Gruppe der signalübertragenden Proteine gehört. So entstand der Verdacht, dass hier zwei in der Natur bereits existierende Bausteine in modularer Weise kombiniert worden waren, um eine vollständig neue Funktionalität zu ermöglichen: das Aufspüren von Ammonium in der Umgebung und die Weitergabe dieses Fundes innerhalb der zellulären Signalnetzwerke.

Die Forscher nahmen daher eine umfassende funktionelle und strukturelle Charakterisierung des Sensorproteins vor, an der auch Arbeitsgruppen aus dem Universitätsklinikum Freiburg, der Universität Nijmegen/Niederlande, der Russischen Akademie der Wissenschaften und dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Hamburg beteiligt waren. Im Ergebnis hat sich die ursprüngliche Annahme bestätigt: Aufbauend auf einem Transportprotein für Ammonium entwickelte sich im Lauf der Evolution eine neue Erkennungsstelle für die Ionen, deren Besetzung zu einer kleinen Bewegung führt, die wiederum an das Signalmodul weitergegeben wird. Gerade diese modulare Kopplung bietet die Perspektive, das Erkennungsmodul für Ammonium auch an andere Signaleinheiten zu koppeln und so neue Funktionalitäten zu erzeugen.

Originalveröffentlichung

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