Wie man sich bettet, so denkt man
Das Besondere an dieser Entdeckung ist, dass der behandelnde Arzt noch vor der Anwendung spezieller Testverfahren schon aus der bloßen Beobachtung des spontanen Verhaltens eines Patienten einen Hinweis darauf erhält, dass die kognitive Leistungsfähigkeit eines Patienten beeinträchtigt sein könnte. So können neue diagnostische Überlegungen gezielter und Behandlungsmöglichkeiten früher eingeleitet werden. Die Studie wurde kürzlich im "British Medical Journal" veröffentlicht.
Prof. Dr. med. Joseph Claßen, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie, und sein Team führen die Schräglage auf eine räumliche Orientierungsstörung zurück, die es den Betroffenen unmöglich macht, sich selbst in einem umgrenzten Raum zu positionieren. Für die Erhebung wurden die Patienten der Neurologie gebeten, sich aus dem Sitzen heraus in ihr Bett zu legen. Die Positionierung des Patienten wurde dann mit einer Überkopfkamera festgehalten. Patienten, die sich wegen anderer Störungen nicht ausreichend bewegen konnten, wurden in der Studie nicht berücksichtigt. Um den Grad der kognitiven Störung zu ermitteln, führten die Spezialisten drei etablierte neuropsychologische Testverfahren mit den Patienten durch, den Mini-Mental-Screeningtest, DemTect-Test und Uhrzeichentest. Das Resultat war für alle Testverfahren eindeutig: Der Grad der Schieflage und die Schwere der Beeinträchtigung standen miteinander in enger Beziehung. Je schiefer sich jemand hinlegt, desto stärker ist demnach auch seine kognitive Leistungsfähigkeit gestört. Die Fähigkeit, den eigenen Körper in einem äußeren gegebenen Rahmen zu positionieren, ist offenbar auch schon in Vorstadien einer Demenz eingeschränkt. Allen Neurologen wurden Bilder einer verschieden schräg liegenden Person gezeigt, um zu ermitteln, welche Position als "schräg" empfunden wird. Eine Abweichung von 7° und mehr von der Längsachse des Bettes wurde von 90 % aller mitwirkenden Neurologen mit dem bloßen Auge als deutlich schief erkannt. Neurologen oder andere Ärzte müssen also den Winkel nicht nachmessen, sondern können sich auf ihre eigene Einschätzung verlassen. Wenn den behandelnden Ärzten eine Schräglage eines Patienten auffällt, sollten sie daran denken, dass der Patient mit hoher Wahrscheinlichkeit kognitiv beeinträchtigt ist.
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