Krebs: Neues Wissen über Lymphome
Bei einer bösartigen Krebserkrankung des Immunsystems haben Forscher einen möglichen neuen Therapieansatz gefunden.
Pathologisches Institut, Universität Würzburg
Krebserkrankungen des Immunsystems, die so genannten Lymphome, gehen von weißen Blutkörperchen aus. Entartete B-Zellen zum Beispiel verursachen das "diffuse großzellige B-Zell-Lymphom", das ohne Behandlung sehr aggressiv verläuft. In Deutschland tritt es pro Jahr bei rund 3.000 Menschen auf. Die Patienten berichten üblicherweise über Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust. Häufig sind sie blass und müde, hinzu kommen Schwellungen der Lymphknoten.
25 Prozent der Patienten sterben
"Mit einer kombinierten Immun- und Chemotherapie gelingt es, diese Lymphomerkrankung bei etwa 75 Prozent der Patienten langfristig in Schach zu halten oder sogar zu heilen", sagt Professor Andreas Rosenwald, Pathologe an der Universität Würzburg. Warum allerdings etwa 25 Prozent der Patienten an dieser Krebserkrankung sterben, sei derzeit noch nicht vollständig erforscht.
Chronisch stimuliertes Protein nachgewiesen
Ein internationales Forschungskonsortium, dem auch Rosenwalds Team angehört, hat in den vergangenen Jahren beim diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom zwei wesentliche Untergruppen definiert, die sich biologisch und klinisch unterscheiden.
Jetzt haben die Forscher nachgewiesen: In einer dieser Untergruppen ist ein für B-Zellen spezifisches Protein, der so genannte B-Zell-Rezeptor, chronisch stimuliert. Das fördert offenbar das Wachstum des Tumors. "Der biologische Mechanismus, der zur ständigen Stimulation des Rezeptors führt, war bislang unbekannt. Er wird in unserer Publikation in Nature erstmals überhaupt beschrieben", so Rosenwald.
Möglicher Ansatzpunkt für neue Therapie
Diese neue Erkenntnis lässt sich in der Zukunft eventuell für die Therapie nutzen. Denkbar ist zum Beispiel eine medikamentöse Behandlung mit so genannten Kinaseblockern, welche die außer Kontrolle geratene Stimulation dämpfen könnten. Doch diese Möglichkeit muss in den kommenden Jahren erst durch klinische Studien überprüft werden.
Geprüft werden muss auch eine weitere Vermutung: Es gibt Hinweise darauf, dass der chronisch stimulierte B-Zell-Rezeptor zumindest für einen Teil der Fälle verantwortlich sein könnte, bei denen die Lymphom-Patienten trotz Behandlung sterben.
Acht Partner im Konsortium
Dem internationalen Konsortium, das die Publikation in Nature vorgelegt hat, gehören acht Institutionen aus den USA, Deutschland, Kanada, Norwegen und Spanien an. Von deutscher Seite sind die Würzburger Professoren Andreas Rosenwald, Hans Konrad Müller-Hermelink und German Ott beteiligt. Professor Rosenwald ist seit September 2009 Vorstand des Pathologischen Instituts der Universität Würzburg.
In hochrangigen Journalen publiziert
"Seit dem Jahr 2000 arbeitet das Konsortium eng und sehr produktiv zusammen. Wir haben bislang circa 50 Publikationen gemeinsam veröffentlicht, gleich mehrere davon in hochrangigen Journalen wie Nature, Science und dem New England Journal of Medicine", sagt Professor Rosenwald. Nur die intensive internationale Zusammenarbeit von Molekularbiologen, Genomforschern, Hämatologen und Pathologen habe den Untersuchungen Erfolg beschert - eine einzelne Institution wäre damit überfordert gewesen.
Mit seinen langjährigen interdisziplinären und international anerkannten Arbeiten hat sich das Konsortium um den mit 50.000 Dollar dotierten Team Science Award beworben, einen Wissenschaftspreis, den die US-amerikanische Krebsforschungsgesellschaft jährlich vergibt. Die Chancen, den Preis zu bekommen, schätzen die Wissenschaftler als gut ein.
Originalveröffentlichung: R. Eric Davis et al.; "Chronic Active B Cell Receptor Signaling in Diffuse Large B Cell Lymphoma"; Nature 463, 7. Januar 2010, Seiten 88-92