Krebsproteinen den Partner rauben

Gespräche und Zusammenarbeit zwischen ONCOTYROL-Forschern und Experten aus Southampton

14.12.2009 - Österreich

Einfache Lösungen scheint es im Kampf gegen Krebs nicht zu geben. Freilich sind längst viele der entscheidenden Proteine bekannt, die Krebs auslösen. Diese aber radikal auszuschalten und damit alle Funktionen, die von ihnen gesteuert werden, zu blockieren birgt Risiken und kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Neue Ansätze in der Krebstherapie gehen daher weg von diesem globalen Ansatz. Sie versuchen, gezielt nur jene Aufgaben eines Proteins zu hemmen, die für die Krebsentstehung notwendig sind. Erreicht werden soll dies am ONCOTYROL Center for Personalized Cancer Therapy in Innsbruck dadurch, dass der Kontakt zu anderen Proteinen unterbrochen wird, die normalerweise gebraucht werden, um Entstehen und Überleben des Tumors zu ermöglichen.

Protein-Protein-Interaktionshemmer zielen darauf ab, verhängnisvolle Signalwege nur in Tumorzellen oder dort nur in bestimmten Teilen der Zelle lahmzulegen. Sie sollen nur für den Krebs notwendige Funktionen des Zielmoleküls blockieren, für die die Bindung an bestimmte andere Partnerproteine erforderlich ist. Wenn genau dieses Zusammenspiel für die Krebsentstehung entscheidend ist, trifft der gezielte Eingriff die Achillesferse des Tumors, ohne weitere Schäden anzurichten, so die Strategie. Dass dieser Ansatz Erfolg verspricht, zeigte jüngst Prof. Graham Packham von der University of Southampton, UK, der seine neuesten Forschungsergebnisse beim Biochemischen Kolloquium in Innsbruck vorstellte.

Packham berichtete über erste Erfolge bei der gezielten Suche nach Molekülen, die die Interaktion zwischen dem Protein BAG-1 und dem Hitzeschockprotein 70 blockieren. Diese Arbeit steht in engem Zusammenhang mit der Forschung von Prof. Jakob Troppmair, Leiter des Daniel-Swarovski-Forschungslabors (Department of Visceral, Transplant and Thoracic Surgery) an der Medizinischen Universität Innsbruck und Projektleiter in ONCOTYROL und seiner wissenschaftlichen Partner Prof. Hermann Stuppner und Dr. Gerhard Wolber vom Institut für Pharmazie der Leopold Franzens Universität.

BAG-1 ist ein „Überlebensprotein“, das Krebszellen hilft, dem programmierten Zelltod zu entgehen, sich zu vermehren und im Körper auszubreiten. Krebspatienten, bei denen das BAG-1 Protein in erhöhter Menge nachzuweisen ist, haben oft schlechtere Krankheitsverläufe.

Proteine sind Teamworker. Sie arbeiten nie allein, sondern schließen sich mit anderen Proteinen zu Komplexen zusammen. BAG-1 bindet verschiedene Partner, die dadurch ihrerseits zur Krebsentstehung beitragen können. BAG-1-Partnerbindung zu hemmen, könnte also ein erfolgversprechender Ansatz zur Krebsbekämpfung sein. Einer der Partner von BAG-1 ist das Hitzeschockprotein 70 (hsp70). Hitzeschockproteine werden von Zellen bei Stress, beispielsweise durch erhöhte Temperatur, vermehrt produziert. Sie spielen auch bei der Tumorentstehung eine Rolle, wenn die Zelle „unter onkologischem Stress“ steht.

Graham und seine Mitarbeiter haben eine große Menge von Substanzen daraufhin untersucht, ob sie die Wechselwirkung zwischen BAG-1 und hsp-70 hemmen können. Und sie sind bei ihrem Screen fündig geworden: ein kleines Molekül (small molecule inhibitor) hemmt die Bindung der beiden Proteine und bremst auf diese Weise das Wachstum von Krebszellen. Im Mittelpunkt laufender Forschungen in Innsbruck steht ein weiterer Interaktionspartner von BAG-1, nämlich RAF. Mutiertes RAF ist ein sehr häufiges verändertes Protein bei bestimmten Tumoren, wie dem Melanom, und trägt zur Entstehung von 10% aller Tumore bei. RAF bindet ebenfalls an BAG-1, in einem Bereich, der teilweise mit der hsp-70 Bindestelle überlappt. Ein Hemmer, der die Bindung zwischen BAG-1 und hsp70 blockiert, könnte daher möglicherweise gleichzeitig die RAF-Bindung beeinflussen, und somit auf doppelte Weise wirken.

Die Arbeiten von Graham und seinem Team ergänzen die Forschung, die im Rahmen von ONCOTYROL stattfindet. Prof. Troppmair und die Doktorandin Mag. Marion Enthammer arbeiten gemeinsam mit Prof. Hermann Stuppner und Dr. Gerhard Wolber vom Institut für Pharmazie der Leopold Franzens Universität an einem ähnlichen Ansatz. Ihnen ist es gelungen, ein Pharmakophor-Modell der chemischen Bindung zwischen BAG-1 und hsp70 herzustellen. Mit dessen Hilfe haben sie Wirkstoffdatenbanken einem Screen unterzogen und rund 100 erste Treffer gefunden, die sie in vitro und in vivo untersuchen wollen. Nun wollen sich die österreichischen und britischen Teams in Teilen dieser Arbeit zusammentun und bereits bestehendes Knowhow im Screening dieser Verbindungen nutzen. „Es freut uns sehr, dass die Arbeit von ONCOTYROL international bereits so sichtbar geworden ist, dass wir neue Gesprächs- und Kooperationspartner aus dem Ausland anziehen“, sagt Prof. Lukas Huber, wissenschaftlicher Leiter des Zentrums. Das von ihm geleitete ONCOTYROL-Projekt zielt ebenfalls auf die Hemmung von Protein-Protein-Interaktionen ab.

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