Zitternde Hände und ein molekularer Handschlag
Kristallstruktur eines neuronalen Proteins bietet möglichen Ansatz für Therapie des Fragiles X Tremor/Ataxie Syndroms
Bei den meist männlichen FXTAS-Patienten treten die Symptome etwa ab dem 55. Lebensjahr auf. Dabei führt das sich fortschreitend verstärkende Nervenleiden zu einem Zittern der Hände (Tremor) und zu Gleichgewichtsstörung sowie Fallneigung beim Gehen (Ataxie). Häufig wird auch eine Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten und Demenz beobachtet.
Ursache des FXTAS ist eine Mutation im FMRP-Gen. Diese tritt ungefähr bei einem von 800 Männern auf. Dabei zeigen sich abnorm verlängerte Wiederholungen der Basensequenz CGG: Gesunde Menschen haben 5 bis 54 dieser Wiederholungen, FXTAS-Träger haben 55 bis 200. Bei einer weiteren Verlängerung mit über 200 Wiederholungen tritt schließlich das Fragile X -Syndrom (FXS) auf, welches nach dem Down-Syndrom die zweithäufigste Ursache erblicher geistiger Behinderung ist. FXTAS wird durch einen Mangel an dem Protein Pur-alpha ausgelöst: das Protein bindet an die CGG-Sequenzen der Boten-RNA (mRNA). Weil durch die abnorme Zahl der Wiederholungen viel mehr Pur-alpha gebunden wird. steht es nicht mehr für seine normale zelluläre Funktion zur Verfügung.
Wie die Forscher in der Online "Early Edition" der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences USA" (PNAS) jetzt berichten, besteht das Pur-alpha aus drei sich wiederholenden Einheiten, den PUR-Repeats. "Die Kristallstruktur von Pur-alpha ermöglicht ein tieferes Verständnis der Funktionsweise des Proteins und könnte zur Entwicklung einer Therapie gegen FXTAS beitragen", sagt Dierk Niessing, der eine gemeinsam vom Helmholtz Zentrum München, der Helmholtz-Gemeinschaft und dem Genzentrum der LMU geförderte Nachwuchsgruppe leitet. "Derzeit ist nur eine Linderung der Symptome, aber keine Behandlung der Ursachen möglich."
"Ein PUR-Repeat sieht wie eine Hand aus - das aus vier Strängen bestehende Beta-Faltblatt entspricht den vier Fingern und die Alpha-Helix ähnelt einem Daumen", erklärt Almut Graebsch aus der Arbeitsgruppe Niessing. Zwei PUR-Repeats binden dabei auf eine ganz bestimmte, einem molekularen Händedruck gleichende Weise aneinander und formen so eine funktionelle Einheit. Die Forscher ergänzten ihre Röntgenstrukturanalyse mit einer weiteren Technik, dem sogenannten Small Angle X-Ray Scattering, und fanden heraus, dass Pur-alpha Dimere bildet, also immer zwei Protein-Moleküle aneinander binden. Deren Entstehung verläuft wahrscheinlich über einen sehr ähnlichen molekularen Händedruck wie die Bindung der PUR-Repeats aneinander.
Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass die FXTAS-Symptome verschwinden, wenn zusätzliches Pur-alpha zugegeben wird. "Vielleicht ist FXTAS heilbar, wenn man die Bindung von Pur-alpha an die Wiederholungen der Wiederholungen der Basensequenz CGG der mRNA verhindern kann", sagt Niessing. Erste Hinweise, welche Aminosäuren von Pur-alpha an der Bindung beteiligt sind, konnte die Arbeitsgruppe bereits durch Mutationsstudien finden. Im nächsten Schritt wollen die Forscher im Detail aufklären, wie Pur-alpha an die RNA bindet. Mit diesem Wissen könnten die krank machenden Interaktionen verhindert werden.
Originalveröffentlichung: Almut Graebsch, Stephane Roche, and Dierk Niessing; "Pur-alpha like proteins are members of the Whirly class of nucleic acid binding proteins"; Proc. Natl. Acad. Sci. USA, In press
Meistgelesene News
Themen
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Diese Produkte könnten Sie interessieren
Antibody Stabilizer von CANDOR Bioscience
Protein- und Antikörperstabilisierung leicht gemacht
Langzeitlagerung ohne Einfrieren – Einfache Anwendung, zuverlässiger Schutz
DynaPro NanoStar II von Wyatt Technology
NanoStar II: DLS und SLS mit Touch-Bedienung
Größe, Partikelkonzentration und mehr für Proteine, Viren und andere Biomoleküle
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.