Erbgut des Erregers der Kraut- und Knollenfäule entschlüsselt

Forschung für gezielten Pestizideinsatz und neue Züchtungen

21.09.2009 - Deutschland

Der Erreger der Kraut- und Kartoffelfäule, Phytophthora infestans, ist weltweit der zerstörerischste Schädling im Kartoffelanbau. Im Rahmen eines internationalen Forschungsvorhabens hat ein Wissenschaftler der Universität Hohenheim jetzt dabei geholfen das Erbgut des heimtückischen Erregers zu analysieren. Der Pilz, so die Forschungsergebnisse, kann bis zu 700 verschiedene Proteine in die Pflanzenzelle einschleusen und damit die Pflanze ausbeuten und letztlich zerstören. Details über Erbgut und Wirkungsmechanismen des Erregers veröffentlichten Forscher aus 35 Forschungsinstitutionen aus sechs verschiedenen Ländern, unter anderem von der Universität Hohenheim, in der Zeitschrift Nature.

Universität Hohenheim

Sporenträger von Phytophthora infestans.

Er war verantwortlich für die große Hungersnot in Irland in den 1840er Jahren und ist doch noch lange nicht Geschichte. Heute noch rafft der Erreger Phytophthora infestans in weniger als zwei Wochen unzählige Quadratkilometer Kartoffelfelder weltweit dahin. Die Bekämpfung der Kartoffelkrankheit ist aufwändig und teuer und die erfolgreich behandelten Kartoffeln lassen sich nicht mehr als Bioprodukte vermarkten. Allein im laufenden Jahr wird der wirtschaftliche Schaden durch die Kartoffelkrankheit auf 6,7 Milliarden Dollar geschätzt.

Das gesamte Erbgut des Erregers der Kraut- und Knollenfäule besteht aus 240 Megabasen, das sind 240 Millionen genetische Informationsträger. Damit ist das Genom des Erregers größer, als das der meisten Pflanzen, deren Genom bisher vollständig entschlüsselt wurde.

Erreger ist höchst anpassungsfähig

Hauptsächlich zwei Gründe machen die Bekämpfung von Phytophthora infestans so schwierig, meint Privatdozent Dr. Marco Thines, Co-Autor des Artikels: "Der Erreger passt sich sehr schnell an neue Kartoffelsorten an und entwickelt Resistenzen gegenüber Pestiziden, mit denen man ihn bekämpfen könnte."

Die Forschungsergebnisse der Expertengruppe liefern die Erklärung für die hohe Anpassungsfähigkeit des Erregers. "Der Erreger schleust kleine Proteine in die Pflanzenzelle ein. Diese programmieren Teile des Stoffwechsels um und beeinflussen die Informationsverarbeitung in der befallenen Pflanze. Dadurch wird unter anderem die Erkennung des Erregers verhindert, " erklärt Marco Thines. Wie ein Parasit lebt der Erreger dann in der Pflanze weiter und entzieht ihr lebenswichtige Energie.

Dass es insgesamt 700 verschiedene Proteine gibt, die der Erreger potentiell einschmuggeln kann, konnten die Forscher nun aufdecken. Diese Vielfalt macht die Interaktion zwischen Wirt und Pathogen jedoch auch zu einem äußerst komplexen System. Das internationale Forscherteam wird nun die Gene dieser 700 sogenannten Effektoren analysieren, um die Interaktionen jedes einzelnen mit der Pflanzenzelle verstehen zu können. "Durch die Genom-Sequenzierung haben wir nun ein Wissen in der Hand, mit dem wir hoffen herausfinden zu können, an welcher Stelle der Pilz in den Pflanzenstoffwechsel eingreift, um dann gezielt Methoden zu entwickeln, um die Infektion mit dem Pathogen zu verhindern", fasst Dr. Thines zusammen.

Gezielte Bekämpfung des Erregers wird möglich

Durch die Genomsequenzierung wird die Basis gelegt, um die Interaktion zwischen Wirt und Pathogen besser verstehen zu können. Dies wird letztlich dazu führen, dass gezieltere Bekämpfungsstrategien ermöglicht werden. Ein Beispiel dafür sind maßgeschneiderte Fungizide, die das Pathogen an der Besiedlung des Wirtes hindern können. Darüber hinaus werden auch in der Pflanzenzüchtung die neuen Erkenntnisse von großer Bedeutung sein. "Es kann nun mit molekularbiologischen Techniken in Arten, die nah mit der Kartoffel verwandt sind, nach Resistenzfaktoren gefahndet werden, welche die Effektoren des Pathogens erkennen und eine Abwehrreaktion gegenüber dem Schaderreger auslösen können", meint Marco Thines. Diese Resistenzfaktoren könnten dann, zum Beispiel durch Einkreuzung und Züchtung, in Kartoffeln eingebracht werden, um eine nachhaltige Resistenz zu schaffen. "Dies würde letztlich zu einer weltweit verbesserten Ernährungssituation führen und den Einsatz von Pestiziden verringern, was nicht nur die Kartoffelproduktion günstiger machen, sondern auch die Umwelt entlasten würde", so die Vision von Marco Thines.

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