Wilde Verwandte hilft gegen "gelbe Gersten-Zwerge"

Züchtungsforscher des Julius Kühn-Instituts (JKI) nutzen neu gefundenes Resistenz-Gen aus Wildgerste, um Kulturgerste resistent gegen schädliches Gelbverzwergungs-Virus zu machen

01.09.2009 - Deutschland

Gerstengelbverzwergungsvirus klingt zwar lustig, Landwirten vergeht jedoch das Lachen angesichts der Schäden, die die Viren der Luteo-Familie bei Gerste und anderem Getreide anrichten. Versuche, neue Gersten-Sorten zu züchten, die den durch Blattläuse übertragenen Viren Paroli bieten, scheiterten bisher. Keine der näheren Verwandten der Kulturgerste besaß die nötigen Resistenz-Gene. Die Züchtungsforscher des Julius Kühn-Instituts (JKI) sind jedoch bei einer Wildart fündig geworden. Das Team um Dr. Peter Wehling hat ihr Resistenz-Gen in die Kulturgerste Hordeum vulgare übertragen und so virusresistente Pflanzen erhalten. Wie sie bei diesem "smart breeding" vorgegangen sind, beschreiben die Wissenschaftler aus dem mecklenburgischen Groß Lüsewitz im aktuellen Septemberheft der Fachzeitschrift "Theoretical and Applied Genetics".

Die JKI-Wissenschaftler erforschen als eine von zwei Arbeitsgruppen weltweit systematisch den sekundären Genpool der Gerste und seines einzigen Vertreters Hordeum bulbosum. "Diese Wildart ist nicht so nah mit unserer Gerste verwandt wie zum Beispiel die alten Landsorten im primären Genpool. Das heißt, um ihre Gene erfolgreich in die Kulturgerste einzukreuzen, muss man etwas tricksen", sagt Dr. Peter Wehling.

Bevor sich die Züchtungsforscher überhaupt an die Kreuzung wagen konnten, mussten sie zunächst ein Gen identifizieren, das die Pflanze resistent gegen das Gelbverzwergungsvirus, kurz BYDV, macht. "Bisher gibt es nur virustolerante Gerstensorten. Sie wurden vom Virus infiziert, ohne dass die Pflanzen den charakteristischen kleinen Wuchs und die Vergilbung aufwiesen", berichtet Wehling. Der Nachteil war jedoch, dass diese Pflanzen dennoch Virusträger waren und munter zur Virusverbreitung beitrugen. Denn sie wurden weiterhin von den Blattläusen angeflogen. "Das von uns neu gefundene Gen Ryd4 Hb aus Hordeum bulbosum (Hb) verleiht den Pflanzen jedoch eine vollständige Resistenz", so Wehling. Zudem seien die eingekreuzten Genstücke aus der Wildart stabil im dritten Chromosom der Kulturgerste etabliert. Damit steht die Basis, um neue resistente Gerstensorten zu züchten.

Einige weitere Kreuzungsschritte müssen die JKI-Forscher noch durchführen, um zufällig mitübertragene Hb-Gene mit unerwünschten Wirkungen zu entfernen. Doch bereits jetzt erweist sich das Erbgut der "wilden Verwandten" als großer Schatz. Die JKI-Forscher haben bereits zwei Gene gegen bodenbürtige Gelbmosaikviren, ein Gen gegen Rhynchosporium-Blattflecken, ein Gen gegen Mehltau und eines gegen Zwergrost mit modernen Kreuzungsmethoden aus Hordeum bulbosum in die Gerste Hordeum vulgare übertragen. Momentan arbeiten sie an der Resistenz gegen Ramularia und gegen Fadenwürmer (Getreidezystennematoden).

Originalveröffentlichung: M. Scholz et al.; "Ryd4Hb: a novel resistance gene introgressed from Hordeum bulbosum into barley and conferring complete and dominant resistance to the barley yellow dwarf virus"; TAG Theoretical and Applied Genetics, Vol. 119, Nr 5 / Sept 2009 S.837-849

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