Wenn Nervenzellen der Sprit ausgeht
Parkinson-Gene sichern die neuronale Energieversorgung
"Für uns Forscher ist es sehr hilfreich, wenn Erkrankungen durch Fehlfunktion bestimmter Gene ausgelöst werden können, so wie es bei der Parkinson-Erkrankung der Fall ist", sagt Winklhofer. "Wenn wir die genaue Funktionsweise dieser Gene entschlüsseln, können wir viel über die Ursachen und den Verlauf des Leidens lernen wie auch über mögliche therapeutische Ansätze." Ebenfalls beteiligt an der Untersuchung war die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Wolfgang Wurst vom Institut für Entwicklungsgenetik am Helmholtz Zentrum München.
Allein in Deutschland leiden zurzeit mindestens 250.000 Menschen an der Parkinson-Erkrankung. Die betroffenen Patienten zittern unkontrolliert und können sich nur langsam oder kaum mehr bewegen, während ihre Muskeln versteifen. Die Ursache ist der Untergang von Nervenzellen in der Substantia nigra, einem Bereich des Mittelhirns, der Dopamin als Botenstoff produziert. Dieser Botenstoff überträgt Informationen in den Kontrollzentren für Bewegungsabläufe. Ein Mangel an Dopamin hat somit eine Bewegungsstörung zur Folge.
"Funktionsgestörte Mitochondrien werden schon seit den 80er-Jahren als mögliche Verursacher der Parkinson-Erkrankung vermutet", sagt Privatdozentin Dr. Konstanze Winklhofer am Lehrstuhl für Stoffwechselbiochemie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Damals entdeckte man, dass Stoffe, die für Mitochondrien giftig sind, eine Parkinson-Erkrankung auslösen können. Eine Beteiligung dieser wichtigen Zellbestandteile am Untergang der Neuronen wäre leicht zu erklären: Mitochondrien versorgen die Zelle mit Energie und spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Zelltods. Die aktuellen Ergebnisse bestätigen den Zusammenhang nun auf genetischer Ebene.
Demnach sind die beiden Parkinson-Gene PINK1 und Parkin gemeinsam für das Funktionieren der Mitochondrien verantwortlich. Wenn Parkin oder PINK 1 ihre Funktion verlieren, sind die Form und die Aktivität der Mitochondrien gestört. In Folge davon produzieren die zellulären Energielieferanten weniger Adenosintriphosphat, also Kraftstoff für die Zellen. In vorangegangenen Arbeiten konnte das Team um Winklhofer bereits zeigen, dass Parkin eine wichtige Schutzfunktion für Neuronen erfüllt. "Das haben wir nun bestätigt", berichtet die Biochemikerin. "Denn während Parkin einen Funktionsverlust von PINK1 kompensieren kann, geht das umgekehrt nicht."
Bis heute gibt es kein Medikament, das ein Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung verhindern kann. Die Therapien beschränken sich bislang darauf, dem Gehirn genügend Dopamin zur Verfügung zu stellen, ohne aber ursächlich einzugreifen. Die Forscher hoffen nun darauf, dass die Parkinson-Gene neue Ansatzpunkte für andere Formen der Behandlung oder Prävention liefern, auch bei Fällen, die nicht genetisch bedingt sind. Bis jetzt sind sechs Parkinson-Gene bekannt. Deren Funktionsweise muss aber noch im Detail entschlüsselt werden - wofür die aktuellen Ergebnisse einen ersten Schritt geleistet haben.
Originalveröffentlichung: Lutz, A.K. et al.; "Loss of parkin or PINK1 function increases DRP1-independent mitochondrial fragmentation"; Journal of Biological Chemistry, 21. August 2009, Bd. 284, Ausgabe 34, S. 22938-22951
Meistgelesene News
Themen
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.