Bio-Minimotoren sind Widerstandskämpfer

Dresdner Forscher messen Reibungskräfte molekularer Motoren

17.08.2009 - Deutschland

Reibung limitiert die Geschwindigkeit und Effizienz aller herkömmlichen Maschinen. Gilt dies auch für Nanomaschinen? Dresdner Forscher haben erstmalig mit Hilfe einer Laserpinzette direkt Reibungskräfte zwischen einzelnen molekularen Motoren und deren Schienen gemessen. Sie konnten somit zeigen, dass auch innerhalb unserer Zellen der Widerstand der Reibung die Motoren begrenzt - meist jedoch bei weitem nicht so stark, wie das bei großen Maschinen der Fall ist. Die Messungen können dazu beitragen, essentielle Prozesse in der Zelle wie z.B. deren Teilung, die von Motoren getrieben wird, besser zu verstehen.

Reibung ist die Kraft, die an der Grenzfläche zwischen zwei Körpern entsteht, wenn sie sich relativ zueinander bewegen. Auch im Nanokosmos ist das so: Wenn sich etwa molekulare Motoren auf dem Schienensystem der Zelle - den röhrenförmigen Mikrotubuli - bewegen, dann haben sie ebenfalls gegen den Widerstand der Reibungskräfte anzukämpfen. Die Reibungskräfte, die auf die mikroskopisch kleinen Motorproteine wirken, sind allerdings bisher noch niemals gemessen worden, und so blieb es unbekannt, wie sich Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit der Motoren darauf auswirken.

Reibung bremst auch Moleküle

Dresdner Forscher am Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der TU Dresden und dem Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) haben dazu das Motorprotein Kinesin auf Mikrokugeln aufgebracht und diese mit einer Laserpinzette über einen Mikrotubulus gezogen. So konnten sie die Reibungskräfte zwischen einzelnen Molekülen und dem Schienentrakt exakt messen. "So wie eine große Maschine durch Reibung ausgebremst wird, ist das auch bei molekularen Motoren der Fall - ihre Geschwindigkeit und Leistung werden begrenzt durch den Widerstand, der durch die Reibung mit dem Schienensystem entsteht", sagt Erik Schäffer, Gruppenleiter am BIOTEC, und Jonathon Howard, Direktor und Gruppenleiter am MPI-CBG.

Die Wissenschaftler erklären sich das Phänomen auf molekularer Ebene nun als kleine Haftverbindungen zwischen einzelnen Molekülen - Reibung entsteht durch die Kräfte, die für das Auseinanderreißen dieser Verbindungen nötig sind. Die Motoren stolpern dabei mit 8-Millionstel-Millimeter-Schritten über ihre Molekülschienen hinweg. "Das ist genau die Länge der Tubulin-Untereinheiten, aus denen sich ein Mikrotubulus aufbaut und an dem so ein Motor entlangläuft - das Motorprotein scheint also mit seinen kleinen Füßchen von Untereinheit zu Untereinheit zu stapfen", so Schäffer.

Energiesparende Minimotoren

Die Reibungskräfte, die auf das Kinesin wirken, geben auch Aufschluss über die Effizienz dieses Motorproteins. "Ungefähr die Hälfte der Energie, die Kinesin aus dem Treibstoff ATP der Zelle gewinnt, geht als Reibung zwischen Motor und Untergrund verloren", fasst Howard zusammen. "Was nach den Verlusten im Innern des Motors von der Energie übrig bleibt, wird in mechanische Arbeit umgesetzt - alles in allem meist effizienter als bei großen Maschinen", fügt Schäffer hinzu. Der Energieverlust wird letztendlich in Wärme umgewandelt, die zum Heizen unseres Körpers beiträgt. So werden z.B. unsere Muskeln unter anderem auch durch Reibung warm, wenn sie etwas leisten müssen.

Originalveröffentlichung: Volker Bormuth, Vladimir Varga, Jonathon Howard, Erik Schäffer; "Protein friction limits diffusive and directed movements of kinesin motors on microtubules"; 14. August 2009, Science 325, 870

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