Grüne Stammzellen im Kleinen Blasenmützenmoos
Deutsch-Israelisches Forscherteam entdeckt archaischen Kontrollmechanismus des Pflanzenwachstums
Development 136
Während der Evolution von Bakterien zu Höheren Organismen wie Menschen oder Rosen entwickelte sich eine große Anzahl von verschiedenen Zelltypen mit spezifischen Funktionen. Eine zentrale Frage in der Biologie lautet: "Wie entwickeln sich verschiedene Zelltypen und Organe aus einer totipotenten befruchteten Eizelle?" Obwohl diese Zellen alle die gleichen Gene teilen, haben die Zelltypen unterschiedliche Aufgaben. Während in dem einen Zelltyp ganze Blöcke von Genen inaktiv sind, werden sie in anderen Zellen eingeschaltet. Diese genomweite Steuerung von Genaktivitäten erfolgt durch Proteinkomplexe in einem als "Epigenetik" - was "jenseits der Genetik" bedeutet - bezeichneten Prozess. Einer von diesen Hauptschaltern ist ein großer Komplex aus verschiedenen Proteinen, der so genannte Polycomb (PcG)-Komplex.
Die Forscherteams von Dr. Nir Ohad von der Tel Aviv-Universität, Israel, und Professor Ralf Reski von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg berichten in der Juli-Ausgabe der Fachzeitschrift "Development" über die Identifizierung eines Mitglieds dieses Komplexes, des FIE-Proteins aus dem Moos Physcomitrella patens, dem Kleinen Blasenmützenmoos.
Was haben die Forscher, deren Projekt von der German-Israeli-Foundation (GIF) gefördert wurde, eigentlich entdeckt? Sie haben herausgefunden, dass das FIE-Gen des Mooses nur in dessen Stammzellen, wie zum Beispiel in der Eizelle, aktiv war. Dieses Gen wurde jedoch bald nach der Befruchtung der Eizelle im jungen Embryo abgeschaltet. Außerdem begannen Mooszellen, in denen dieses Gen durch Gentechnik dauerhaft ausgeschaltet (mutiert) wurde, sich in einer Weise unkontrolliert zu vermehren, die an Krebszellen von Menschen und Tieren erinnert. Zur großen Überraschung des Forscherteams konnte dieses unkontrollierte Zellwachstum im mutierten Moos durch die Einführung eines FIE-Gens von der Samenpflanze Arabidopsis rückgängig gemacht werden. "Auf dem ersten Blick traute ich meine Augen nicht - ich schaute auf eine Gen-Komplementation zwischen Organismen, die durch 450 Millionen Jahren von Evolution getrennt sind", sagt Nir Ohad. Und Ralf Reski ergänzt: "Der Anblick von krebsartigem Zellenwachstum in einer einfachen Pflanze wie Physcomitrella hat mich fasziniert. Nun kann Moos als ein Modellsystem für die Erforschung von vielen fundamentalen Fragen der Biologie dienen, sogar in der Stammzellforschung."
Originalveröffentlichung: Assaf Mosquna et al.; Development Juli 2009, 136, 2433-2444
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