Synovo identifiziert Kandidaten für einen Wirkstoff gegen chronisch entzündliche Darmkrankheiten
Bei der Entdeckung neuer therapeutischer Wirkstoffe und der Entwicklung neuer Medikamente kommt es manchmal ganz anders, als eigentlich geplant. Eine ganze Reihe bedeutender Arzneistoffe war ursprünglich zu anderen Zwecken entwickelt worden. So war Sildenafil eigentlich zur Behandlung von Herzerkrankungen vorgesehen, konnte aber bei Tests nicht überzeugen. Allerdings gaben die Probanden einen interessanten Nebeneffekt zu Protokoll und das erste tatsächlich wirksame Potenzmittel - Viagra - war gefunden.
Nun könnte es Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa in ein paar Jahren zugute kommen, dass Forscher der Tübinger Synovo GmbH ein neues Medikament zur Behandlung akuter Rückenmarksverletzungen entwickeln wollten. Ursprünglich suchten die Wissenschaftler nach Entzündungsinhibitoren mit dem Potenzial, die Narbenbildungsreaktion des Körpers auf Rückenmarksverletzungen zu verhindern. Denn das Problem ist nicht die Verletzung selbst, sondern die Heilungsreaktion des Körpers, die durch Narbenbildung verhindert, dass sich das Nervengewebe regenerieren kann. Einige Verbindungen stellten sich bei Tests nicht nur als entzündungshemmend heraus, sondern verstärkten auch antibakteriel-le Immunantworten körpereigener Zellen, was besonders wichtig ist, da es bakteriell verursachte Infektionen der Wunden bei der Behandlung zu verhindern gilt.
Da Synovo gleichzeitig im Rahmen des EU-finanzierten Projekts MACROCEPT an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen arbeitete, fiel bald auf, dass das Profil der gefundenen Moleküle zur Behandlung von Rückenmarksverletzungen auch zu diesen Krankheiten passen würde, weil sie ebenfalls durch Entzündungen und bakterielle Infektionen gekennzeichnet sind. Die viel versprechenden Moleküle wurden also auch für diese Erkrankungen getestet.
Als das Molekül mit den größten Erfolgschancen stellte sich hierbei SYD001 heraus. „In Studien mit einem CED-Mausmodell fanden wir schützende Effekte bei einer Dosierung von 100 nmol/kg pro Tag - was in jeglicher Hinsicht eine sehr niedrige Dosis ist“, sagt Dr. Michael Burnet, Geschäftsführer der Synovo GmbH. Das kleine Molekül moduliert die Produktion von Cytokinen - multifunktionellen Signalstoffen - in Makrophagen und neutrophilen Granulozyten, die als so genannte Fresszellen einen Teil der unspezifischen Immunantwort übernehmen. Die Bedeutung der Entdeckung wird dadurch unterstrichen, dass bisher keine toxische Dosis des oral verabreichten Präparates ausgemacht werden konnte.
Auf Basis dieser positiven Eigenschaften möchte Synovo nun im Rahmen eines neuen Projektes Partner zur Entwicklung von SYD001 für die klinische Anwendung gewinnen. Das Projekt, für das bisher 1,2 Mio. Euro zur Verfügung stehen, wurde von der Europäische Kommission befürwortet und läuft seit Anfang 2009 unter dem Namen KINACEPT. Bei KINACEPT arbeitet ein Konsortium von Unternehmen - Epistem (UK), c-a-i-r biosciences (DE) und Inte:Ligand (AT) - sowie verschiedenen europäischen Institutionen, darunter das Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Tübingen (Prof. Laufer), das Institut für klinische Pharmakologie in Stuttgart und die Universitätsklinik Erlangen, zusammen, um das weitere Potenzial der Präparate, die im MACROCEPT-Projekt entdeckt wurden, zu erforschen.
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