Pharmabranche setzt auf 'maßgeschneiderte Medikamente'

19.06.2009 - Deutschland

(dpa-AFX) Die Pharma- und Biotechbranche setzt große Hoffnungen auf die personalisierte Medizin, um zukünftige Umsätze und Gewinne zu sichern. Denn gegen die wachsende Konkurrenz von Nachahmermedikamenten müssen sich die klassischen Pharmakonzerne immer stärker zur Wehr setzen. Auch die Diskussion über Kosten und Nutzen von Medikamenten und die Einsparungen im Gesundheitswesen fordern in der Branche ein Umdenken. "Die richtige Menge eines richtigen Medikaments an den richtigen Patienten bringen", sei das Ziel der Personalisierten Medizin, umschrieb die Biotech-Expertin Julia Schüler von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young am Mittwoch auf der Life Science Konferenz der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) in Frankfurt die Möglichkeiten von "maßgeschneiderten Medikamente".

Personalisierte Medizin ist dabei die gezielte Behandlung von Patienten nach vorheriger Erhebung deren genetischen Profils. Dabei geht es zunächst darum, anhand der Genanalyse festzustellen, ob ein bestimmtes Medikament für einen Patienten überhaupt in Frage kommt. Bereits geringfügige individuelle Unterschiede in der Erbsubstanz oder DNA zweier Patienten können dazu führen, dass das gleiche Medikament jeweils ganz anders bei ihnen wirkt. Zudem könnten mit der Personalisierten Therapie die Gesundheitskosten gesenkt werden, erklärte Thomas Schweins, zuständig für Marketing und Strategie bei Qiagen. Der Anteil von Personalisierter Medizin am weltweiten Pharmamarkt von zuletzt insgesamt rund 700 Milliarden Dollar sei allerdings noch recht klein, sagte Schüler. Nach Einschätzungen der Boston Consulting Group (BCG) wird die Personalisierte Medizin bis zum Jahr 2020 Wachstumsraten von jährlich 37 Prozent verzeichnen.

Die Personalisierte Medizin kommt heute vor allem bei Krankheiten wie Krebs oder auch bei Alzheimer und Autoimmunkrankheiten zur Anwendung. Jahrelang sei die Pharmabranche allerdings nicht an dem Thema Personalisierte Medizin interessiert gewesen, sondern hätte darauf gesetzt, dass ein Medikament für alle Patienten passe, sagte Kai Brüning von DEKA Investment Management. Bei Roche geht fast jede klinische Studie mit einer diagnostischen einher. Das Krebsmittel Herceptin zur Behandlung von Brustkrebs wird bereits zusammen mit einem Test angeboten. 2008 erzielten die drei umsatzstärksten Krebsmittel von Roche Umsätze von jeweils mehr als 5 Milliarden Franken.

Das Geschäft mit Krebsmedikamenten hat sich zum attraktivsten Segment der Pharmabranche entwickelt. Onkologie ist ein rasant wachsender Markt, der nach den Schätzungen des Branchendienstes IMS Health weltweit einen Umsatz von 75 bis 80 Milliarden Dollar im Jahr 2012 nach rund 41 Milliarden Dollar 2007 erreichen könnte. Das Schweizer Pharmaunternehmen Roche und die Darmstädter Merck haben sich die Personalisierte Medizin als Strategie für die kommenden Jahre auf die Fahnen geschrieben. Merck ist im Onkologie-Geschäft bereits mit dem Krebsmittel Erbitux vertreten, das dem Darmstädter Familienkonzern 2008 einen Umsatz von rund 560 Millionen Euro in die Kassen gespült hat. Der so genannten KRAS-Tests soll als Marker für das Ansprechen von Erbitux bei metastasierendem Dickdarmkrebs als Orientierungshilfe für die Behandlung von Patienten dienen.

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