Originalhersteller behaupten sich im Wettbewerb mit Biosimilars

30.04.2009 - Deutschland

In den letzten anderthalb Jahren kamen die ersten Nachahmerpräparate von umsatzstarken gentechnisch hergestellten Originalpräparaten auf den Markt. Den Anfang machten bereits im Oktober 2007 die ersten Nachahmerprodukte für Epoetin alpha. Im November 2008 folgten dann Nachahmer von Filgrastim. Da es sich hierbei um in biologischen Systemen hergestellte Arzneimittel handelt, die den Patenschutz verloren, entstand eine neue Arzneimittelgruppe - die so genannten Biosimilars. Dadurch bildet sich ein wettbewerbliches Dreiecksverhältnis: Die gentechnisch hergestellten Originale stehen in Konkurrenz zu ihren Reimporten und den inzwischen auf den Markt drängenden Biosimilars. Anders als bei den klassischen chemischen Arzneimitteln scheint es den gentechnisch hergestellten Originalpräparaten allerdings bislang zu gelingen, auch nach dem Auslaufen des Patenschutzes gemessen, an den abgegebenen Standardeinheiten (z.B. Ampullen) größere Marktanteile zu behaupten. Darauf weisen aktuelle Daten hin, die INSIGHT Health auf der Basis ihrer nationalen OdV-Daten ermittelt, die die monatlich über Apothekenrechenzentren abgerechneten GKV-Rezepte und die hochgerechneten Privatrezepte über das INSIGHT Health Apothekenpanel umfassen. Diese Entwicklung ist nach Auffassung der Fachleute von INSIGHT Health unter anderem in der Herstellung begründet, da sich diese bei einem biologischen Nachahmerpräparat anders als beim klassischen chemischen Generikum deutlich von der des Originalherstellers unterscheidet.

So konnte zum Beispiel das Originalpräparat des Epoetin alpha, ein Glykoprotein-Hormon das als Wachstumsfaktor für die Bildung roter Blutkörperchen während der Blutbildung von Bedeutung ist und zumeist bei der Behandlung der Blutarmut von Dialysepatienten und nach aggressiven Chemotherapiezyklen eingesetzt wird, auch rund anderthalb Jahre nach dem Markteintritt des ersten Biosimilars immer noch einen Marktanteil von rund 38 Prozent behaupten. Die Biosimilars liegen mit einem Marktanteil von rund 53 Prozent knapp davor, während die Reimporte des Originals lediglich auf 9,5 Prozent kommen. Ihr Anteil hatte vor dem Auftreten der Epo-Biosimilars immerhin bei rund 28 Prozent gelegen, während das Original knapp drei Viertel des Marktes auf sich vereinte.

Auch bei dem Wirkstoff Filgrastim, einem Mittel, das allgemein überall dort eingesetzt wird, wo die Blutbildstörung (Neutropenie) verhindert werden muss (z.B. bei der Behandlung der Leukämie oder aber auch bei einer fortgeschrittenen HIV-Infektion), liegt das Original bei einem Marktanteil von etwa 34 Prozent, während die seit einem halben Jahr auf dem Markt befindlichen Biosimilars sich einen Marktanteil von rund 22 Prozent erarbeitet haben. Hier beherrschen die Reimporte mit einem Marktanteil von ca. 44 Prozent nach zwischenzeitlichen Verlusten wieder den Markt.

Die klassischen chemisch produzierten Arzneimittel, die sich nach dem Auslaufen ihres Patentschutzes dem Wettbewerb mit den klassischen Generika stellen mussten, verloren hingegen mitunter bereits nach kurzer Zeit dramatisch an Bedeutung. So lag der Anteil der Generika bei dem Wirkstoff Finasterid schon einen Monat nach ihrer Einführung im April 2007 bei 20 Prozent. Nach drei Monaten hatten die Generika bereits 50 Prozent des Marktes erobert, um sich etwa ein Jahr nach ihrer Einführung bei rund 80 Prozent einzupendeln.

Die Besonderheiten gentechnischer Präparate scheinen die Ärzte inzwischen vorsichtig sein zu lassen, wenn es darum geht, Patienten, die bereits mit einem gentechnisch hergestellten Präparat behandelt werden, auf ein Biosimilar umzustellen. Das zeigen auch die Daten aus dem Patienten Tracking von INSIGHT Health, das eine langfristige Darstellung der anonymisierten Medikationshistorie von GKV-Patienten ermöglicht. Wurden laut der Daten von INSIGHT Health unmittelbar nach Einführung der Biosimilars beim Epoetin alpha viele Patienten vom Original auf die Biosimilars umgestellt, so ließ diese Dynamik Mitte letzten Jahres spürbar nach. Gleichzeitig nahm die Zahl der Umstellungen auf das Original zu. Das mag auch mit einem im Dezember 2008 erschienenen Papier der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft zusammenhängen. Diese empfiehlt darin, den Patienten in der ersten Zeit nach Umstellung engmaschig wie bei einer Neueinstellung zu überwachen. Hinsichtlich der Sicherheit der Anwendung befinde man sich in einer vergleichbaren Situation wie mit einem neu zugelassenen Arzneimittel der gleichen Wirkstoffklasse, bei dem das Spektrum der wesentlichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) bekannt ist.

Soll ein Patient erstmals mit einem biotechnologisch hergestellten Präparat behandelt - also neu eingestellt - werden, greifen die Ärzte hingegen großzügiger zu einem Biosimilar. Hier entscheiden sie sich z.B. bei Epoetin alpha in etwa in jedem zweiten Fall für ein Biosimilar.

Ein Blick in die Patentdatenbank von INSIGHT Health, die alle auf dem Markt befindlichen APIs (Active Parmaceutical Ingredients) und deren Patentlaufzeiten beinhaltet, zeigt, dass in naher Zukunft weitere umsatzstarke Patente von biologisch hergestellten Arzneimitteln auslaufen werden. Betrachtet man nun die im Vergleich zum klassischen Generikum wesentlich teureren Entwicklungskosten von Biosimilars und das bislang eher zurückhaltende Umstellen der Ärzte auf die vergleichsweise hochpreisigen Biosimilars bleibt abzuwarten, ob es zukünftig zu jedem biologischen Arzneimittel auch wirklich ein passendes Biosimilar geben wird.

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