Was den Stein ins Rollen bringt - Neue Erkenntnisse über Krebsentstehung
Auf die Spur hat die Forscher und Kliniker das anaplastisch großzellige Lymphom (ALCL) gebracht, eine Erkrankung des Lymphsystems, die zu den Non-Hodgkin-Lymphomen gehört. Betroffen sind bei dieser Krankheit bestimmte Blutzellen des Immunsystems, die T-Zellen. Bei ALCL können im Kern der T-Zellen Gen-Bruchstücke von Chromosom 2 auf Chromosom 5 rutschen. Dabei entsteht ein Fusionsgen (NPM-ALK). Solche Fusionsgene können unkontrolliertes Wachstum von Zellen auslösen. Bei 40 Prozent der an ALCL Erkrankten lässt sich jedoch keine Translokation in den Blutzellen nachweisen. Was die Erkrankung auslöst, ist bisher nicht bekannt.
Wie Dr. Mathas erläutert, sind in ALCL-Zellen fälschlicherweise die drei von ihnen identifizierten Gene "massiv hochreguliert". "Diese Gene sind normalerweise nie in einer T-Zelle aktiv. Für ALCL spielen sie aber eine fundamentale Rolle", erklärt Dr. Mathas weiter. Die drei identifizierten Gene können als Onkogene fungieren, die Zellen veranlassen, unkontrolliert und ungehemmt zu wachsen. Sie tragen die wissenschaftlichen Abkürzungen Fra2, Id2 und CSF1-Rezeptor. Die ersten beiden Gene liegen auf Chromosom 2, das letztgenannte auf Chromosom 5 und zwar alle in der Umgebung der Chromosomenbruchstellen, die zur ALCL-typischen Translokation führen. Hinzu kommt, dass Fra2 und Id2 bei ALCL amplifiziert sind, also mehrere Kopien dieser Gene in der Zelle vorliegen, was die Krebsentstehung zusätzlich vorantreibt.
Weiter konnten sie zeigen, dass es durch die fehlgeleitete Hochregulation dieser Gene im Zellkern zu einer räumlichen Annäherung der Chromosomenbruchstücke 2 und 5 kommt, die typischerweise in ALCL-Zellen miteinander verschmelzen. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die falsche Aktivität dieser drei Krebsgene eine der Voraussetzungen für die Entstehung des ALCL ist und der Entstehung der Translokation vorausgeht. Diese Daten unterstützen außerdem erstmals direkt die Hypothese, dass Translokationen nur dann vorkommen können, wenn die betreffenden Chromosomen vorher eng beieinander liegen.
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