Wenn der Blutfarbstoff krank macht
Häm ist vor allem als Farbstoff der roten Blutkörperchen bekannt. Zusammen mit dem in diesen Zellen vorkommenden Eiweiß, dem Globin, bildet es Hämoglobin, das für die Sauerstoffaufnahme des Körpers eine zentrale Rolle spielt. Den kontrollierten Abbau von Häm im Körper zu den so genannten Gallenfarbstoffen, im Alltag zu beobachten bei der Verfärbung von Blutergüssen, hat man im Wesentlichen verstanden. Was aber passiert, wenn Häm in Zellen freigesetzt oder unkontrolliert abgebaut wird, soll das Projekt HHDP (englische Abkürzung für Häm und Häm-Abbauprodukte) beleuchten. "Unsere eigenen Vorarbeiten haben gezeigt, dass die HHDP unerwartete, zum Teil krankmachende Reaktionen auslösen können", beschreibt Prof. Dr. Stefan Heinemann die Motivation des Vorhabens.
Der Inhaber des Lehrstuhls für Biophysik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Gruppenleiter am Zentrum für Molekulare Biomedizin (CMB) koordiniert die Initiative, in der sich ein interdisziplinäres Team zusammengefunden hat. "Wir haben es mit einer Thematik zu tun, bei der ein Forscher aus einer Einzeldisziplin sehr schnell an Grenzen stößt. An der Universität Jena und in deren wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Umfeld gibt es allerdings die lukrative Konstellation, dass Forscher aus sehr unterschiedlichen Fachdisziplinen - Neurologie, Intensivmedizin, Molekulare Physiologie und Biophysik, Biochemie bis hin zur Biophotonik und der Synthesechemie - die Erforschung der Entstehung und der alternativen Funktionen von HHDPs als gemeinsames Anliegen erkannt haben", sagt Heinemann.
Ein zentraler Aspekt des Vorhabens ist in diesem Zusammenhang die Überbrückung der Grenzen zwischen klinischer Forschung, den Grundlagendisziplinen der Biowissenschaften und den chemisch und physiko-chemisch arbeitenden Gruppen - in Jena speziell der gewachsenen Kompetenz im Bereich Optik/Photonik.
So bringt zum Beispiel das Institut für Photonische Technologien (IPHT) seine Expertise in die spektroskopische Untersuchung von Häm und Häm-Abbauprodukten in vivo und in vitro ein. "Wir haben bereits zeigen können, dass die Raman-Sprektroskopie wesentlich zum Studium von HHDPs beitragen kann, um zum Beispiel freie von Protein-gebundenen HHDPs zu unterscheiden", erläutert IPHT-Direktor Prof. Dr. Jürgen Popp. Das Ziel der in enger Kooperation mit der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Jena (UKJ) und deren Leiter Prof. Dr. Otto W. Witte geplanten Arbeiten ist es unter anderem, die Rolle von Häm und dessen Abbauprodukten bei einer Hirnblutung zu untersuchen, denn die Sterblichkeit in Folge solcher Blutungen liegt immer noch bei 30 bis 60 Prozent. Diese hohe Rate ist insbesondere auf krampfartige Verengungen blutführender Gefäße zurückzuführen, die durch die HHDPs ausgelöst werden. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die optische Registrierung der Mikrozirkulation sowie auf Raman-spektroskopische Analyseverfahren gelegt, die einen molekularen Fingerabdruck des zu untersuchenden Systems liefern.
Zur effektiven Bearbeitung der genannten Fragestellungen bedürfe es eines Netzwerks von ausgewiesenen Fachleuten mit den entsprechenden Erfahrungen und Kompetenzen, so HHDP-Koordinator Heinemann. Im HHDP-Team sind deshalb mit Prof. Dr. Michael Bauer ein weiterer Kliniker und mit den Profs. Dr. Georg Pohnert, Dr. Matthias Westerhausen, Dr. Rainer Beckert und Dr. Diana Imhof Chemiker vertreten. "Wir sind der Überzeugung, in Jena einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung dieses Forschungszweigs leisten zu können", betont Heinemann. Durch die direkte Einbindung eines ausgewiesenen Experten der University of Pennsylvania, Prof. Dr. Toshinori Hoshi, wird zudem die Internationalisierung der Jenaer Forschung konsequent vorangetrieben.
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