RUB-Forscher untersuchen wichtigen "Second Messenger"
Erste Raumstruktur eines cGMP-bildenden Enzyms analysiert
Ruhr-Universität Bochum
Seine Herstellung obliegt bestimmten Enzymen, den Guanylatzyklasen, die bislang ein Schattendasein fristeten: Da sie schwierig zu gewinnen sind, wusste man wenig über sie. Bochumer Forscher brachten sie jetzt erstmals ans Licht und analysierten ihre genaue Struktur.
GCs: Kleine, feine Unterschiede
Der Botenstoff cGMP wird von den Guanylatzyklasen (GCs), hergestellt, wenn diese durch ein anderes Signalmolekül angeregt werden, z.B. ein Hormon. Die Bereiche, die für die Herstellung von cGMP verantwortlich sind, sind bei allen bekannten GCs sehr ähnlich. Deutlich verschieden sind aber die Proteinbereiche, die für die Regulation dieser Synthese verantwortlich sind. So reagiert die sogenannte "lösliche GC", die ein Hauptregulator des Blutdrucks ist, auf Stickstoffmonoxid. Andere GCs, die die Zellmembran durchspannen, können verschiedene Signale außerhalb der Zelle erkennen, z.B. Peptidhormone. Wenn sie durch Bindung des Hormons angeregt werden, "übersetzen" sie dieses Signal in ein cGMP-Signal innerhalb der Zelle, wo es dann die benötigte Reaktion der Zelle bewirken kann.
Struktur und Funktion waren unbekannt
Genaue Einblicke in die Funktionsweise von GCs waren bisher nicht möglich, da es schwierig ist, sie in ausreichenden Mengen für biochemische und biophysikalische Experimente zu gewinnen. Insbesondere konnte bisher noch keine Struktur einer GC bestimmt werden. Das heißt, dass die genaue räumliche Anordnung der Atome des Proteins, die ein detailliertes Verständnis seiner Funktionsweise erst möglich macht, bisher unbekannt war. Der Arbeitsgruppe von Jun.-Prof Dr. Clemens Steegborn ist es nun erstmals gelungen, die Struktur einer GC zu bestimmen und grundlegende Mechanismen der cGMP-Bildung zu verstehen.
Überraschung: Auch Bakterien haben GCs
Ein wichtiger Schritt dazu war die Identifizierung der ersten GC aus einem Bakterium. "Bisher war man davon ausgegangen, dass Bakterien kein cGMP herstellen", erklärt Dr. Steegborn. "Wir konnten jetzt aber zeigen, dass das bakterielle Enzym Cya2 eine GC ist, und dass es ganze Familien von bakteriellen Genen gibt, die vermutlich für GCs kodieren." Anhand der dann untersuchten Raumstruktur von Cya2 konnten die Forscher einige Vorhersagen für die Funktionsweise der GC bestätigen, andere aber auch korrigieren: Von zwei Aminosäuren etwa, die für die Erkennung des Ausgangsstoffs (Substrats) GTP verantwortlich gemacht wurden, bildet nur eine die vermuteten "Wasserstoffbrücken" zum Substrat. Die zweite Aminosäure trägt dagegen dazu bei, dass die Form der Bindungstasche optimal zum Substrat passt. Sie sorgt damit dafür, dass GTP besser gebunden werden kann als andere Substanzen, die nicht umgesetzt werden sollen, insbesondere das GTP-verwandte ATP. Auch konnten die Forscher zeigen, dass diese optimale Bindung des Substrats erst erfolgt, wenn dessen Umsetzung bereits begonnen hat. Bei der anfänglichen Bindung wird noch nicht zwischen GTP und ATP unterschieden.
Türöffner für hochspezifische Wirkstoffe
Diese Einblicke in die Erkennung und Umsetzung von GTP durch GCs ermöglichen ein Verständnis grundlegender Aspekte dieser Signalenzyme und zeigen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den verwandten Adenylylzyklasen auf. "Diese detaillierten Informationen zu Interaktionen und dynamischen Prozessen bei der Substraterkennung geben uns wichtige Hinweise für die Entwicklung neuer Wirkstoffe", sagt Steegborn. "Die Beeinflussung von GCs ist eine wichtige Behandlungsmöglichkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und wird derzeit auch für andere Anwendungen untersucht, z.B. zur Behandlung von Entzündungen und zur Verhinderung der Metastasenbildung bei Krebserkrankungen." Aufgrund der Ähnlichkeit der verschiedenen GCs sowie der verwandten Adenylylzyklasen sind GC-Strukturen und mechanistische Information wertvoll, um Wirkstoffe zu entwickeln, die ganz gezielt eines dieser Enzyme beeinflussen. Die Arbeiten an Cya2 haben dafür Modellcharakter. "Viele Informationen lassen sich auf die menschlichen GCs übertragen, andere werden helfen, nun auch die Raumstruktur der menschlichen GCs zu bestimmen", so Steegborn.
Förderung durch die DFG
Die Arbeiten an GCs in der Forschergruppe um Clemens Steegborn werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereich 642 "GTP- und ATP-abhängige Membranprozesse" gefördert.
Originalveröffentlichung: Annika Rauch, Martina Leipelt, Michael Russwurm, Clemens Steegborn; "Crystal structure of the guanylyl cyclase Cya2"; PNAS online early edition 6.-10.10.2008