Maßgeschneiderte Mini-Labore
IPHT Jena präsentiert Mikrofluidik-Chips auf der Biotechnica
Die Mikrofluidik beschäftigt sich mit der Handhabung von Flüssigkeiten und Gasen auf kleinstem Raum. Sie werden bewegt, gemischt, getrennt oder anderweitig prozessiert, ganz wie in einem Labor in großem Maßstab. "Unsere "Labor-auf-einem-Chip-Systeme" sind dabei aber nur wenige Quadratzentimeter groß", erläutert Abteilungsleiter Henkel. Dennoch soll der Anwender die gleichen Möglichkeiten haben, wie bei herkömmlichen Systemen. "Das ist für uns eine große Herausforderung, weil die physikalische Prinzipien in diesen kleinen Dimensionen sehr speziell sind", beschreibt Henkel die Schwierigkeiten seines Arbeitsgebietes.
Einen besonderen Schwerpunkt legt die Abteilung auf die so genannte Tropfenbasierte Mikrofluidik: Die zu untersuchenden Proben werden hierbei tröpfchenweise in einer nicht mischbaren Trägerflüssigkeit transportiert, können einzeln sortiert, dosiert, gemischt und geteilt werden. Dazu wird auf dem Mikrofluidik-Chip ein Netzwerk winziger Kanäle in einer speziell für jeden Anwender optimierten Anordnung aufgebracht, in der die Tröpfchen bewegt werden. Um vor der technologischen Produktion in Form eines Prototyps das Verhalten des Kanalnetzwerkes vorhersagen können, wird es bisher gemäß den Gesetzen der numerischen Strömungsmechanik simuliert. "Das dauert allerdings bei einem komplexen System bis zu 14 Tage", gibt Henkel zu bedenken. In Zusammenarbeit mit Professor Dr. Rossak vom Lehrstuhl für Softwaretechnik der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat das Team um Henkel ein Verfahren entwickelt, mit dem diese Simulation in nur 20 Minuten ablaufen kann. "So können wir mit einem angemessenen Zeitaufwand die Funktionalität unserer Kanal-Netzwerke testen, optimieren, Fehler schon im Design erkennen und damit Risiken und Kosten der Entwicklung von mikrofluidischen Chips erheblich reduzieren", erläutert Henkel. Dadurch soll es möglich werden, in kürzester Zeit Chipsysteme für vom Anwender vorgegebenen Verfahrensabläufe zu entwickeln und als kostengünstige Massenfabrikate bereitzustellen.
Zur Zeit fertigen die IPHT-Wissenschaftler ihre Prototypen aus mikrostrukturierten Glas, prüfen aber bereits geeignete Kunststoffe, um diese in die Massenfertigung zu überführen. Anwendung finden ihre Lab-on-a-Chip-Systeme in der Mikroanalytik, der Mikroreaktorik und den Lebenswissenschaften. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Jenaer Leibniz-Institut für Infektionsbiologie und Naturstoff-Forschung sollen zum Beispiel mit Hilfe der mikrofluidischen Chips neue Klassen von Antibiotika entdeckt werden. Dabei werden in mikrofluidischen Chips - basierend auf dem Prinzip der räumlichen Trennung durch nicht mischbare Flüssigkeiten - in großer Zahl Einzelzellen untersucht. Die Leistungsfähigkeit eines ähnlichen Konzeptes wurde bereits durch die Auffindung eines neuen Antibiotikum bildenden Bakterienstamms nachgewiesen und 2005 mit dem Thüringer Forschungspreis ausgezeichnet. Die tröpfchenbasierte Mikrofluidik eröffnet darüber hinaus neue Wege in der pharmazeutischen, medizinischen, biotechnologischen und Umwelt-Diagnostik.
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