ETH-Studie zur Selbstaufopferung bei Salmonellen

25.08.2008 - Schweiz

Einzelne Zellen einer Bakterienpopulation können ihr Leben einsetzen, damit sich die anderen Zellen möglichst gut vermehren. Biologen der ETH Zürich beschreiben am Beispiel von Salmonellen erstmals ein biologisches Konzept, bei dem Aufopferung für andere bis hin zur Selbstzerstörung sowie Zufallsprozesse eine wichtige Rolle spielen.

ETH-Biologen aus den Gruppen von Prof. Martin Ackermann und Prof. Wolf-Dietrich Hardt in Zusammenarbeit mit Prof. Michael Doebeli von der UBC in Vancouver beschreiben wie es durch einen molekularen Zufallsprozess bei der Zellteilung dazu kommt, dass die Schwesterzellen von Bakterien neue Funktionen erlangen und sich selbst für andere opfern.

Die Forscher untersuchen dieses biologische Konzept am Beispiel von Salmonellen. Am Anfang stehen Salmonellen, welche mit verunreinigter Nahrung aufgenommen werden und in den Darm gelangen. Dort können sie sich aber wegen der Mikroorganismen nur schlecht vermehren. Laut Ackermann, Hardt und Doebeli haben Salmonellen für dieses Problem eine überraschende Lösung entwickelt.

Ein erster Teil der Bakterien verbleibt im Innern des Darms. Ein zweiter Teil der Zellen zeigt ein Verhalten, welches zu ihrer eigenen Zerstörung führt. Sie dringen ins Darmgewebe ein und werden dort durch das Immunsystem getötet. Durch diesen Vorgang wird eine Darmentzündung ausgelöst, welche einen Teil der Darmflora eliminiert. Die im Darm verbliebene erste Gruppe erhält dadurch die Gelegenheit, sich ungehindert zu vermehren und die Erkrankung des Wirtes einzuleiten.

Ob eine Zelle zur ersten selbstaufopfernden oder zur zweiten profitierenden Gruppe gehört, entscheidet sich bei der Zellteilung. Dabei werden Zellbestandteile zufällig auf die beiden Tochterzellen verteilt. Dieser Zufallsprozess führt dazu, dass nicht alle Abkömmlinge dieselben Eigenschaften haben. Zwei Gruppen von Zellen entstehen, welche durch Arbeitsteilung unterschiedliche Eigenschaften und Verhaltensweisen erlangen können; eine Gruppe dringt ins Gewebe und stirbt, und die andere bleibt im Darm und profitiert. Gerade weil sie genetisch identisch sind, funktioniert dieses biologische Konzept so gut: Wären sie genetisch unterschiedlich, würde sich der aufopfernde Typ rasch selbst ausrotten. Wie gross der Anteil an Zellen ist, die dann quasi als Winkelried fungieren, ist wahrscheinlich ein genetisch kodiertes Merkmal.

Ähnliche biologische Konzepte sind wahrscheinlich auch bei anderen Krankheitserregern wie Clostridien und Streptokokken von Bedeutung. Um solche Krankheitserreger wirksam bekämpfen zu können, sei eine umfassende Kenntnis ihrer Biologie notwendig, sagt Ackermann.

Originalveröffentlichung: Martin Ackermann et al.; Self-destructive cooperation mediated by phenotypic noise; Nature 2008, 454, 987-990.

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