KeyNeurotek Pharmaceuticals: Durchbruch bei der Erforschung der Huntington´schen Krankheit

Unternehmen klärt Auswirkungen der Mutation auf Nervenzellen auf

14.07.2008

KeyNeurotek Pharmaceuticals AG, ein auf die Entwicklung und Vermarktung innovativer Medikamente für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS) spezialisiertes Biotechnologieunternehmen, gab heute Forschungsergebnisse bekannt, die erstmals einen Einblick in die molekularen Mechanismus der Huntington´schen Krankheit geben. Darüber hinaus eröffnen die Ergebnisse zum ersten Mal einen Weg für die Entwicklung einer kausalen Behandlung dieser schweren, tödlich verlaufenden Erkrankung. Die Ergebnisse wurden vorab in der Online-Ausgabe des Journal of Biological Chemistry, einer vierzehntäglich erscheinenden Publikation der American Society for Biochemistry and Molecular Biology, veröffentlicht.

Die Huntington´sche Krankheit ist eine seltene neurodegenerative Erkrankung des menschlichen Gehirns und führt zu unkontrollierbaren Bewegungen, emotionalen Störungen und schließlich zum Verlust sämtlicher intellektuellen Fähigkeiten. Die Betroffenen sterben innerhalb von 15 bis 20 Jahren nach Auftreten der ersten Symptome. Auf der molekularen Ebene handelt es sich um einen Defekt in dem so genannten Huntingtin-Gen, das das Huntingtin-Protein kodiert. Bei Huntington-Patienten führt diese Mutation zu einem Protein, das gegenüber der normalen Version an einer bestimmten Stelle wesentlich mehr hintereinander gereihte Glutamin-Reste besitzt (httexpQ). Auf welche Weise diese Veränderung zur Krankheit führt, ist jedoch seit mehr als einem Jahrzehnt ein Rätsel.

Wissenschaftler von KeyNeurotek haben jetzt gemeinsam mit langjährigen Kooperationspartnern der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Tübingen entdeckt, dass httexpQ gezielt bestimmte Transportproteine in den Mitochondrien von Hirnzellen beeinflusst. Mit Hilfe eines neuen, von Prof. Stephan von Hörsten entwickelten transgenen Tiermodells (Ratte), das zum ersten Mal die adulte Form der Huntington-Krankheit nachbildet, konnten die Autoren zeigen, dass httexpQ auf den so genannten Glutamat/Aspartat-Transporter der Mitochondrien (Aralar) und die mitochondrialen Ca2+-Poren (permeability transition pore, PTP) einwirkt.

Zusätzlich fanden die Wissenschaftler heraus, dass dadurch die wichtige und von Ca2+-Ionen abhängige Versorgung der Mitochondrien mit Substraten gestört wird. Mitochondrien befinden sich in jeder Zelle und versorgen diese mit Energie in Form von ATP, wobei Sauerstoff und geeignete Substrate verbraucht werden. Vor allem in den neuronalen Zellen des Gehirns mit einem extrem hohen Energiebedarf müssen Mitochondrien kontinuierlich große Mengen an ATP bereit stellen.

Daher führen die durch httexpQ ausgelöste Störung der mitochondrialen Substratversorgung und der bei hohen Ca2+ Konzentrationen ausgelöste Zusammenbruch der ATP-Bildung zu einer Serie von verheerenden Ereignissen, die zum Fortschreiten der Huntington´schen Krankheit beitragen, z. B. Fehlfunktionen der Mitochondrien, Energieabfall, Untergang der neuronalen Zellen und Gewebeschwund.

"Nach 15 Jahren intensiver Forschung an den durch httexpQ-induzierten Ursachen der Huntington´schen Krankheit bilden unsere Ergebnisse zum ersten Mal nicht nur eine Grundlage für ein Verständnis der Erkrankung, sondern auch für die Entwicklung einer Kausaltherapie", sagte Dr. Frank Gellerich, Leiter der Abteilung Energiestoffwechsel bei Keyneurotek und Hauptautor der Studie. "Diesen Durchbruch verdanken wir auch unserer langjährigen, produktiven Kooperation mit akademischen Partnern in Erlangen und Tübingen."

"Die Ergebnisse unterstreichen erneut unsere Stärken in der Forschung und unsere Expertise auf dem Gebiet von Hirnerkrankungen", fügte Dr. Frank Striggow, CEO der KeyNeurotek Pharmaceuticals, hinzu. "Der zelluläre Energiestoffwechsel ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis chronischer Erkrankungen des Gehirns insgesamt, darunter z. B. auch die Alzheimer'sche und die Parkinson'sche Krankheit. Wir sind überzeugt, dass unsere Ergebnisse verschiedene Ansatzpunkte für die Entwicklung erfolgreicher Behandlungsstrategien auf dem gesamten Gebiet der neurodegenerativen Erkrankungen bieten."

Über die Huntington-Krankheit

Die Huntington-Krankheit ist eine seltene, vererbbare neurologische Erkrankung (3 bis 7 Betroffene pro 100,000 Menschen) und tritt gewöhnlich im mittleren Alter auf. Frühe Symptome sind Stimmungsschwankungen, Depressionen, Reizbarkeit oder die Unfähigkeit, Auto zu fahren, Neues zu lernen, sich an Fakten zu erinnern oder Entscheidungen zu treffen. Wenn die Krankheit fortschreitet, nehmen die Konzentrationsleistung und die Fähigkeit zur Durchführung intellektueller Aufgaben zusehends ab und der Patient leidet schließlich unter unkontrollierbaren Zuckungen und schweren mentalen Störungen. Die Krankheit führt innerhalb von 15 bis 20 Jahren nach dem Auftreten der ersten Symptome zum Tod.

Die Huntington-Krankheit wird durch eine Mutation in einem einzelnen Gen, dem so genannten Huntingtin-Gen verursacht. Das Gen ist dominant, d. h. jedes Kind eines Huntington-Patienten hat ein 50:50 Risiko, das veränderte Gen geerbt zu haben.

Bei Huntington-Patienten enthält das Gen eine erhöhte Anzahl von sogenannten Trinukleotid-Wiederholungen, d. h. der genetische Code "stottert" an dieser Stelle. Seit der Entdeckung des Gens bzw. der Mutation im Jahr 1993 konnte eine präzise Diagnose entwickelt werden. Die Krankheit kann jedoch nicht behandelt werden; es existieren lediglich Medikamente, die einige der Symptome lindern können.

Da die ersten Symptome der Krankheit gewöhnlich im mittleren Alter auftreten, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Betroffenen das veränderte Gen bereits an ihre Kinder weiter vererbt haben.

Über Huntingtin

Das Huntingtin-Gen (htt), das an der Entstehung der Huntington-Erkrankung beteiligt ist, wurde 1993 entdeckt und befindet sich auf dem 4. Chromosm des Menschen. Schon seine normale Form enthält eine Trinukleotid-Wiederholung, d. h. die Sequenz dreier Nukleotidbausteine (Cytosin, Adenin und Guanin, CAG) wird mehrfach wiederholt. Weniger als 36 CAGs in einer Reihe sind normal; wenn ihre Zahl jedoch 36 überschreitet, führt das Genprodukt, das Huntingtin-Protein, zum Absterben der Neuronen, in denen es gebildet wurde.

Interessanterweise führt das Auftreten von 36 bis 39 CAGs zu einem späten Eintritt und einem langsamen Verlauf der Erkrankung, wohingegen 39 und mehr CAGs zu einer frühen Auftreten der Krankheit und einem aggressiven Verlauf führen.

Wenn das mutierte Gen an die nächste Generation vererbt wird, kann sich dabei die Anzahl der CAGs ändern. Sie erhöht sich dabei in vielen Fällen, so dass bei betroffenen Kindern von Huntington-Patienten die Erkrankung oft früher auftritt und heftiger verläuft als bei ihrem Elternteil.

Trotz seiner Entdeckung vor 15 Jahren ist die genaue Funktion des hht-Gens nicht bekannt. Das Gen kodiert das so genannte Huntingtin-Protein, das vor allem in Nervenzellen produziert wird und sich dort sehr häufig an bestimmte Zellstrukturen wie Vesikel, Mikrotubuli und Mitochondrien anlagert.

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