Kieselalgen liefern Baupläne für Autofelgen

03.07.2008 - Deutschland

Die Baupläne von Kieselalgen sollen in Zukunft auch technischem Equipment als Vorbild dienen. Im Juni ist am Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft das virtuelle Helmholtz-Institut PlanktonTech gegründet worden. Beteiligt ist daran auch das Fachgebiet Bionik und Evolutionstechnik der TU Berlin. Zunächst werden sich die Forscher mit der Grundlagenforschung an Diatomeen (Kieselalgen) beschäftigen. Langfristig können ihre Erkenntnisse dabei helfen, neue Baustoffe und Prinzipien für den Leichtbau zu entwickeln oder leichtere Autos zu bauen.

AWI: Michels

Eine Kieselalge mit ihrer geometrischen Porenstruktur

Diatomeen sind der Hauptbestandteil des Meeresphytoplanktons. Charakteristisch für die meist einzelligen Algen ist ihr Außenskelett aus Siliziumoxyd, das wie zwei Schalen einer Petrischale zusammengefügt ist. Diese sind von Poren und größeren Öffnungen durchbrochen, es gibt auch kreisrunde Arten mit Schwebefortsätzen oder verstärkten Strahlen - ähnlich den Speichen einer Felge. Das AWI verfügt über eine große Sammlung von 3D-Modellen des Planktons, das den Forschern an der TU-Berlin helfen soll, weitere Untersuchungen anzustellen. "Leider weiß man noch wenig über die Biomechanik der Diatomeen", so Ivan Santibanez-Koref vom Fachgebiet Bionik und Evolutionstechnik der TU Berlin http://www.bionik.tu-berlin.de, gegenüber pressetext. "Im Laufe der Evolution haben sich diese Lebewesen sehr gut an die Umwelt angepasst und sie verfügen über eine perfekte, ökonomische Konstruktion", so der Forscher. In der Vergangenheit lieferten die Algenskelette bereits Baupläne für Radfelgen.

Zwei Aufgabenbereiche sind für den Forscher an der TU-Berlin von Interesse. "Zum einen skalieren wir die winzigen Skelette der Kieselalgen hoch, um damit festzustellen, welche Kräfte wie wirken und für welche Konstruktionen sie sich eignen könnten", so der Wissenschaftler. Der zweite Forschungsansatz bezieht sich auf die Fressfeinde der winzigen Diatomeen. "Dabei interessieren wir uns dafür, wie die Fresswerkzeuge dieser Räuber, die sich von den Kieselalgen ernähren, konzipiert sind", erklärt Santibanez-Koref. Damit könne man auch die Kräfte charakterisieren, die erforderlich sind, um die Kieselalgen zu zerstören.

Im Prinzip überträgt die Evolutionsstrategie aus der Biologie bekannte Mechanismen wie etwa Selektion, Variation und Replikation in mathematische Formeln und nutzt diese für die Optimierung komplexer Systeme. "Man geht davon aus, dass sich Organismen, die die knappen Ressourcen bestmöglich ausnutzten, in der Natur durchsetzen." Wenn diese Prinzipien einmal im Rechner erfasst sind, können am Computer Variablen des zu untersuchenden Systems verändert werden. "Auf diese Art haben wir bereits einen Schiffspropeller optimiert." Ohne die Arbeit der Bioniker hätte die Entwicklung eines neuartigen Propellers Jahre länger gedauert, denn die Techniker hätten alle möglichen Varianten der Propellerflügelform als Modell bauen und einzeln im Wasser testen müssen. Das Propellerkonzept war so neu, dass keine Erfahrungen zur Auslegung vorlagen. Das heißt, die Forscher konnten die Evolutionsstrategie für die Auslegung einsetzen, da bei deren Einsatz sehr wenig Vorwissen für die Lösung des Problems benötigt wird.

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