Unter Beobachtung: Stammzellen im Gehirn
VolkswagenStiftung fördert ein außergewöhnliches Forschungsprojekt, das Stammzellen und ihre Verwandlung im Gehirn sichtbar machen soll
Bisher aber waren es nur Momentaufnahmen, die die Forscher festhalten konnten. Nun wollen Professor Dr. Mathias Hoehn vom Max-Planck-Institut für neurologische Forschung in Köln und Professor Dr. Clemens Löwik vom Medizinischen Zentrum der Universität Leiden in den Niederlanden mit neuesten Methoden die Verwandlung der Stammzellen im zeitlichen Verlauf sichtbar machen. Das ehrgeizige Vorhaben wird von der VolkswagenStiftung mit 560.000 Euro in der Initiative "Offen - für Außergewöhnliches" gefördert.
Die Wissenschaftler werden verschiedene bildgebende Verfahren kombinieren und mit dieser Methode des "multimodalen Imaging" den Funktionszustand der Stammzellen über einen längeren Zeitraum hinweg beobachten. Dabei kommen zum einen jene optischen Verfahren zum Einsatz, bei denen Fluoreszenz oder Bioluminiszenz gemessen wird, zum anderen die Magnetresonanztomographie, mit der Professor Hoehn als erster die Wanderung transplantierter Stammzellen im Gehirn sichtbar machen konnte. Um Veränderungen in vivo, also im lebenden Organismus, von außen beobachten zu können, müssen die Stammzellen dabei zunächst so manipuliert werden, dass sie ihr eigenes bildgebendes Signal in Abhängigkeit von ihrer Funktion erzeugen. Dazu müssen die Forscher "Reporter-Konstrukte oder -Gene" entwickeln, die bei einer bestimmten Funktionalität ihr eigenes Kontrastmittel herstellen. Das molekularbiologische Know-how bringt die Leidener Arbeitsgruppe um Professor Clemens Löwik ein.
Die markierten Stammzellen werden in das Gehirn von Ratten implantiert, die dort typische Gewebezerstörungen nach einem Schlaganfall aufweisen - sogenannte Läsionen. Mit den kombinierten Methoden wollen die Wissenschaftler anschließend beobachten, wie die Stammzellen sich im Gehirn verhalten: wie sie wandern und sich in neuronale Zellen verwandeln. Zur Analyse früher neuronaler Differenzierung beziehungsweise reifer Neuronen sollen jeweils spezifische Reporterkonstrukte eingesetzt werden. Im nächsten Schritt prüfen die Forscher dann, in welchem Maße die implantierten Stammzellen auch zur Bildung eines neuen Netzwerkes von Nervenzellen beitragen. Eine funktionelle Verbesserung von zerstörtem Gehirngewebe könnte davon abhängen, ob implantierte Zellen mit den vorhandenen Neuronen in Kontakt treten.
Gelingt es den Forschern aus Köln und Leiden, eine sichere Methode zu etablieren, mit deren Hilfe das Schicksal von Stammzellen nach einer Implantation im Hirngewebe - also in vivo - beurteilt werden kann, eröffnen sich zahlreiche medizinische Einsatzmöglichkeiten. Neben Schädigungen des Gehirns nach einem Schlaganfall und anderen neurologischen Erkrankungen wie beispielsweise Parkinson könnte das Verfahren außerdem für Erkrankungen anderer Organsysteme wichtig sein, bei denen Stammzell-ähnliche Vorläuferzellen involviert sind. Dies gilt beispielsweise auch für Krebserkrankungen.
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