Zerstörungsfreie Stammzellgewinnung - Skepsis bei Forscherkollegen

15.01.2008

(dpa) US-Forscher haben nach eigenen Angaben menschliche embryonale Stammzellen gewonnen, ohne den Embryo zu zerstören. Die in Deutschland verbotene Methode stößt allerdings auf Zurückhaltung bei Stammzellforschern. «Man kann nicht garantieren, dass die Prozedur den Embryo nicht schädigt», betonte Prof. Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster. Schölers Münchner Kollege Prof. Wolfgang-Michael Franz sieht keinen großen praktischen Wert der Methode: «Welches Ehepaar würde seinen Embryo zur Verfügung stellen, um einzelne Blastomeren entnehmen zu lassen?», gab der Forscher von der Münchner Ludwig-Maximilians- Universität zu bedenken.

Die Wissenschaftler um Robert Lanza von der US-Firma Advanced Cell Technologies (ACT) berichten im Fachjournal «Cell Stem Cell» von ihrer Technik, zerstörungsfrei Stammzellen zu gewinnen. Dazu entnahmen die Wissenschaftler 43 im Reagenzglas befruchteten Embryonen in einem sehr frühen Stadium jeweils eine oder zwei Zellen, sogenannte Blastomeren. Daraus gewannen sie insgesamt 5 Stammzelllinien. Die Stammzellen entwickelten sich im Labor in alle drei Keimblätter des Menschen. Die meisten Embryonen reiften bis zum sogenannten Blastozystenstadium und wurden dann von den Forschern eingefroren.

«Sie haben nicht gezeigt, dass sich ein Kind daraus entwickeln kann», erläuterte der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Stammzellforschung, Prof. Jürgen Hescheler von der Universität Köln. Die US-Forscher hätten aber zur Zellentnahme nach eigener Darstellung dieselbe Technik verwendet wie für die sogenannte Präimplantationsdiagnostik (PID), mit der routinemäßig Reagenzglasembryonen auf Erbkrankheiten untersucht werden können. Die PID ist in Deutschland verboten, weltweit seien aber zahlreiche damit untersuchte Babys gesund geboren worden. Hescheler bewertet die Methode zumindest als «sehr gute Quelle für menschliche embryonale Stammzellen».

Die Gruppe um Lanza war im Jahr 2006 für eine Veröffentlichung in die Kritik geraten. Sie hatte damals schon behauptet, menschliche embryonale Stammzellen ließen sich zerstörungsfrei gewinnen, lieferte aber keinen Beleg dafür. Die Studie wurde auf die Kritik hin und wegen kleinerer Fehler später «ergänzt». Die neue Veröffentlichung zeigt nun neben einer deutlich verbesserten Effizienz, dass 80 bis 85 Prozent der betroffenen Embryonen zumindest bis ins Blastozystenstadium reiften, und könnte den Beleg für die frühere Behauptung damit nachreichen.

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