NRW holt Spitzenforscher ins Land zurück: mit eigenen Forschergruppen

Verstehen, wie Bakterien Antibiotika-resistent werden

25.09.2007

Als geförderter "Rückkehrer" kommt Dr. Christian Kandt, der an der Ruhr-Universität Biologie studiert und hier am Lehrstuhl für Biophysik 2003 seine Dissertation abgeschlossen hat, aus Calgary (Kanada) nach Nordrhein-Westfalen zurück: Ab Wintersemester 2007/08 darf er hier mit Landesmitteln von rund 1,25 Mio. Euro für fünf Jahre an einer NRW-Hochschule seiner Wahl eine eigene Forschergruppe aufbauen. Arbeitsschwerpunkt seiner Gruppe wird die Computersimulation der Dynamik großer Biomoleküle in der Zellmembran sein. Davon erhofft sich der 33-Jährige unter anderem Erkenntnisse über die molekularen Prozesse bei der Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen bei krankmachenden Bakterien. Kandt hat sich als einer von vier jungen Forschern, die derzeit im Ausland arbeiten, unter 45 Bewerbern um die Rückkehrerförderung durchgesetzt.

University of Calgary

Dr. Christian Kandt

Proteine in der Zellmembran Seit seiner Diplomarbeit und Dissertation bei PD Dr. Jürgen Schlitter und Prof. Dr. Klaus Gerwert am Lehrstuhl für Biophysik der RUB arbeitet Christian Kandt an Computersimulationen von Membranproteinen. Diese Proteine sind in die Zellmembran eingebettet und spielen Schlüsselrollen bei Prozessen wie Energieumwandlung, Transport sowie Signalerkennung und Weiterleitung. In Bochum hat Kandt an Membranproteinen gearbeitet, die Licht dazu nutzen können, Protonen zur Energiegewinnung aus der Zelle hinaus zu transportieren. In Calgary untersucht er zurzeit Membranproteine, die Nährstoffe in die Zelle importieren. Wieder zurück in NRW will er sich dann Membranproteinen widmen, die Giftstoffe aus der Zelle herausschaffen. "Diese Proteine sind eine der Hauptursachen, warum krankheitserregende Bakterien immun werden können gegenüber Antibiotika", erklärt er. "Da bekannte Antibiotika aufgrund der zunehmenden Zahl resistenter Krankheitserreger schneller ihre Wirkung verlieren als neue Medikamente entwickelt werden können, ist es von großer Bedeutung, dass wir mehr darüber lernen was es genau mit den molekularen Ursachen von Antibiotikaresistenzen auf sich hat."

Wachsende Rechenleistung verbessert Computersimulation Die 3-dimensionale Struktur tausender Biomoleküle wie der Erbsubstanz DNA oder von Proteinen ist heute bekannt. Allerdings ist diese Struktur nur ein Schnappschuss, der das Molekül starr und unbeweglich erscheinen lässt. Da Moleküle jedoch keineswegs starr und unbeweglich sind, ist es gerade bei Biomolekülen sehr wichtig, etwas über ihre Bewegung und Dynamiken zu erfahren. Ausgehend von experimentell bestimmten 3D-Strukturen und den Naturgesetzen der klassischen Physik ermöglichen Computersimulationen, die Bewegungen von beispielsweise Membranproteinen in ihrer natürlichen Lipid/Wasser-Umgebung zu studieren. Auf diese Weise erhält man wertvolle Einblicke in die Funktionsweise eines Proteins. "Dank der rasant wachsenden Rechenleistung wird die Methode der Computersimulation auch in Zukunft zunehmend weiter an Bedeutung gewinnen", schätzt Kandt.

Zurück mit erweitertem Horizont Hauptgrund für die Entscheidung Kandts nach Calgary zu gehen, war sein dortiger Betreuer, Prof. Dr. Peter Tieleman, der international eine Koryphäe auf dem Gebiet der Computersimulation von Membranen und Membranproteinen ist und Pionierarbeit in diesem Feld geleistet hat. "Durch ihn habe ich in den letzten drei Jahren sehr viel dazugelernt und meinen Horizont erheblich erweitern können", zieht Kandt Bilanz. "Langfristig hatte ich mir aber schon gewünscht, nach Europa bzw. Deutschland zurückzukommen. Ich freue mich daher sehr, dass ich durch das NRW-Rückkehrerprogramm nun die Chance erhalte, diesen Wunsch wahr werden zu lassen."

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