Neue Therapien gegen Infektionen bei chronischen Wunden

Forscher wollen angeborenes Immunsystem der Haut nutzen

29.08.2007

Offene Beine, diabetisches Fußsyndrom und Druckgeschwüre sind die schmerzhaften und gefährlichen Spielarten chronischer Wunden. Durch sorglosen und falschen Einsatz von Antibiotika resistent gewordene Erreger machen die Behandlung solcher Problemwunden schwierig und langwierig. Bei der Bekämpfung der problematischen Erreger setzen Forscher um PD Dr. Lars Steinsträßer, Juniorprofessor für molekulare Wundheilung und Gentherapie in der Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte der Ruhr-Universität im Bergmannsheil auf das angeborene Immunsystem. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Studie "Host Defense Peptide als Effektormoleküle des angeborenen Immunsystem der Haut und ihr Einfluss auf die Wundheilung" für zunächst zwei Jahre mit 230.000 Euro.

Die Haut ist das größte Immunorgan des menschlichen Körpers und die wichtigste Barriere zwischen Körper und Umwelt. Sie besitzt eine wesentliche Funktion bei der Erkennung und Ansiedlung (Kolonisierung) erwünschter und bei der initialen antimikrobiellen Abwehr unerwünschter Mikroorganismen. Diese "Freund-Feind"-Erkennung der Haut leistet das angeborene Immunsystem (innate immune System), das im Gegensatz zum adaptiven, lernenden Immunsystem sofort gegen eindringende, krankheitsauslösende Mikroben agiert. "Die Basis des stammesgeschichtlich älteren angeborenen Immunsystems sind antimikrobielle Peptide: kurze Eiweißketten, die eindringende Bakterien, Pilze und Viren erkennen und vernichten", erklärt Dr. Steinsträßer. "Zusätzlich konnte man feststellen, dass diese Peptide verschiedene Zellen gezielt beeinflussen um die Immunantwort zu modulieren und gleichzeitig die Wundheilung und Neubildung von Blutgefäßen zu fördern." Neue Studien haben zudem gezeigt, dass eine reduzierte lokale Produktion antimikrobieller Peptide die Ursache der unterdrückten Immunantwort und den damit verbundenen höheren Infektionsraten bei Wundinfektionen ist.

Wie genau das angeborene Immunsystem der Haut funktioniert, ist noch nicht vollständig geklärt. Genau das will PD Dr. Steinsträßer nun untersuchen. Mittels innovativer Analysemethoden werden die Forscher seiner Arbeitsgruppe die Immunantwort des Hautgewebes beim Kontakt mit verschiedenen Mikroorganismen auf Gen- und Proteinebene systematisch analysieren. Außerdem werden sie die Immunantwort kranker Haut mit der von nicht infizierter Haut bzw. unverletzter Haut vergleichen. So wollen die Forscher einen besseren Einblick in die Entstehung von bakteriellen Wundinfektionen bei chronischen Wunden bekommen und mögliche Therapiealternativen ermitteln.

Da bei chronischen Wunden die Immunantwort massiv reduziert und die Infektanfälligkeit sehr ausgeprägt ist, wollen die Forscher die Immunreaktion im Wundbereich gezielt beeinflussen. Künstlich hergestellte, antimikrobielle Peptide, die den im Menschen vorkommenden entsprechen, sollen in ihrer Wirkung genauso untersucht werden, wie mögliche gentherapeutische Ansätze. Dabei sollen die genetischen Informationen der antimikrobiellen Peptide mittels nicht vermehrungsfähiger Viren in die verbliebenen gesunden Hautzellen eingeschleust werden, um die Zellmaschinerie der intakten Zellen in den verletzten Hautarealen zur Produktion des benötigten Peptids zu verwenden. "Durch die natürliche Hautregeneration ist die Wirkung dieses Therapieansatzes auf etwa zwei Wochen begrenzt", erläutert Steinsträßer. "Diese vorübergehende Gentherapie in Hautwunden kann die intensive Pflege mit täglichen Verbandswechseln und die tägliche Anwendung künstlich hergestellter Wachstumsfaktoren und Antibiotika überflüssig machen."

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