Schonendere Behandlungsmethode für Leukämie entwickelt

Immuntherapie verbessert Heilungschancen für Hochrisiko-Patienten

12.06.2007

Früher lag die durchschnittliche Lebenserwartung nach der Diagnose einer akuten Leukämie nur bei Wochen bis wenigen Monaten. Die heutigen Therapiemöglichkeiten mit Chemotherapie und Bestrahlung haben die Heilungschancen stark verbessert. Dennoch ist die Prognose insbesondere für Hochrisiko-Patienten, die schlecht auf die Behandlung ansprechen oder früh einen Rückfall erleiden, weiterhin ungünstig. Wissenschaftler einer klinischen Kooperationsgruppe des GSF - Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit Neuherberg (Helmholtz-Gemeinschaft) und der Ludwig-Maximilians-Universität München zeigten für Hochrisiko-Patienten mit akuter myeloischer Leukämie, dass die Transplantation von Stammzellen aus dem Knochenmark eines gesunden Spenders und eine anschließende prophylaktische Immuntherapie die Überlebenschancen solcher Patienten deutlich verbessern - die Mehrzahl der Patienten, die die Immuntherapie erhielten, erreichte eine Langzeitremission und gilt als geheilt.

Da Chemotherapie und Bestrahlung im Vorfeld der Stammzelltransplantation die Patienten stark belasten, entwickelten die Wissenschaftler zusätzlich ein Behandlungsprotokoll, das mit einer weniger belastenden Vorbehandlung auskommt und die Chemo- und Strahlentherapie insbesondere für ältere oder geschwächte Patienten besser verträglich macht.

Das Ziel der Transplantation von Knochenmark zur Behandlung von Leukämien ist es, das Blut bildende System des Patienten auszuschalten und durch gesunde Zellen des Spenders zu ersetzen. An der Entwicklung der Methode war Professor Dr. Hans-Jochem Kolb, der Leiter der Klinischen Kooperationsgruppe "Hämatopoetische Zelltransplantation", beteiligt; bereits 1975 konnte er erstmals in Deutschland die Transplantationsmethode beim Menschen anwenden.

Die Abstoßung des Transplantats durch den Empfänger konnte bei den Leukämiepatienten meist verhindert werden; die Reaktion der transplantierten Zellen gegen den Empfänger zu verhindern, war erheblich schwieriger. Erst die Entfernung von bestimmten Abwehrzellen des Immunsystems - den T-Zellen - ermöglichte die Transplantation ohne schwere Reaktionen des Transplantates gegen den Patienten. Von gelegentlichen Abstoßungen abgesehen verliefen die Transplantationen dann erfolgreich. Allerdings erlitten viele Patienten wieder einen Rückfall in der Leukämie. Hier zeigte sich, dass die T-Zellen im Transplantat notwendig waren, um die Leukämie auszuschalten. Das Dilemma der unerwünschten Reaktion von T-Zellen des Transplantates gegen die gesunden Organe des Patienten einerseits und der erwünschten Reaktion dieser Zellen gegen die Leukämie andererseits wurde von der Arbeitsgruppe Kolbs gelöst, indem man zunächst Knochenmark ohne T-Zellen transplantierte und später, sobald das Knochenmark angewachsen und keine Immunreaktion aufgetreten war, T-Zellen des Spenders transfundierte. Im Tierversuch beim Hund zeigte sich, dass zwei Monate nach Knochenmarktransplantation T-Zellen des Spenders transfundiert werden können, ohne dass eine schwere Reaktion gegen gesunde Organe ausgelöst wird.

Damit war es wahrscheinlich, dass auch beim menschlichen Patienten nach einiger Zeit Spender-T-Zellen gegeben werden können, die dann beim Empfänger den Kampf gegen die Leukämie unterstützen und noch vorhandene Rest-Leukämiezellen ausschalten, ohne gesunde Organe anzugreifen. Tatsächlich konnten Rückfälle von Leukämie nach der Transplantation nur mit der Gabe von T-Zellen behandelt werden - ein Beweis dafür, dass eine Immuntherapie auch ohne neue Bestrahlung und Chemotherapie Heilung bringen kann.

Aufgrund dieser Erkenntnisse konnte die Vorbehandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung so weit zurückgenommen werden, dass heute auch ältere und schwächere Patienten mit Stammzelltransplantation behandelt werden können. Die Vorbehandlung dient dabei weniger der Ausschaltung der Leukämie als die Vorbereitung des Patienten zum Anwachsen des Transplantats - dafür reichen auch geringere Dosen aus.

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