Neues Krebsgen entdeckt

08.05.2007

Forscher haben ein Gen identifiziert, dessen Mutationen zu verschiedenen Krebserkrankungen führen. Sind seine beiden Kopien defekt, besteht bereits ab dem frühen Kindesalter ein stark erhöhtes Risiko für Hirn- und Nierentumoren sowie für Leukämien. Das haben Wissenschaftler vom Biozentrum der Uni Würzburg unter der Leitung des Humangenetikers Detlev Schindler herausgefunden, und zwar gemeinsam mit Arbeitsgruppen aus Düsseldorf, Berlin, England und den USA.

Fündig wurden die Forscher bei sieben Kindern, zwischen sieben Monate und vier Jahre alt, die an bösartigen Tumoren litten. Im Erbgut der kleinen Patienten suchte die Würzburger Diplom-Biologin Kornelia Neveling gemeinsam mit ihrem Doktoranden-Kollegen Reinhard Kalb nach einer möglichen genetischen Ursache für die Krebserkrankungen. Dabei stießen die Forscher auf das PALB2-Gen, das mit dem bereits bekannten Brustkrebsgen BRCA2 sehr eng bei der Korrektur von DNA-Schäden zusammenarbeitet. Solche Schäden (Mutationen) können dazu führen, dass Krebs entsteht.

Gene liegen im Organismus des Menschen in der Regel doppelt vor. Das Team wies nach, dass bei manchen der krebskranken Kinder beide Kopien des PALB2-Gens durch Mutationen verändert waren. Außerdem fand es heraus, dass es sich bei PALB2 um eines der zwölf Fanconi-Anämie-Gene handelt, deren Defekte auch für Knochenmarkversagen und angeborene Fehlbildungen verantwortlich sind. Darum erhielt das Gen inzwischen die neue Bezeichnung "FANCN".

Sind beide Kopien beschädigt, kann dieses Gen seine Aufgaben bei der Reparatur von Fehlern im Erbgut nicht mehr ausreichend wahrnehmen. Bei den Betroffenen kommt es daher sehr rasch zur Anhäufung unreparierter Genfehler, die entscheidend zur Umwandlung von normalen Zellen in Krebszellen beitragen.

Englische Arbeitsgruppen haben inzwischen gezeigt, dass FANCN nicht nur zur Entstehung von Krebserkrankungen bei Kindern, sondern auch zur Entstehung von Brustkrebs bei Erwachsenen beiträgt. "Anders als bei den Kindern ist das Brustkrebsrisiko aber schon dann erhöht, wenn nur eine Kopie des FANCN-Gens defekt ist", erklärt Professor Schindler. Die betroffenen Frauen zeigen ansonsten keine weiteren genetischen Auffälligkeiten. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass Männer mit einer defekten Kopie des FANCN-Gens ein höheres Risiko für Prostatakrebs haben.

Das Brustkrebsrisiko ist allerdings viel weniger stark erhöht als bei den bekannten Brustkrebsgenen BRCA1 und BRCA2. "Dennoch wird man vor allem in Familien, in denen sowohl Krebserkrankungen bei kleinen Kindern als auch Brustkrebs vor dem 50. Lebensjahr aufgetreten sind, die Untersuchung des FANCN-Gens in Betracht ziehen müssen, sofern sich keine Erbgutveränderungen in den häufigeren BRCA1- und BRCA2-Brustkrebsgenen nachweisen lassen", meint Professor Holger Höhn, Leiter des Instituts für Humangenetik. Angehörige solcher Familien können sich an das Zentrum für familiären Brustkrebs an der Uni Würzburg wenden, eine gemeinsame Einrichtung der Abteilung für Medizinische Genetik im Biozentrum und der Würzburger Universitätsfrauenklinik.

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