Philip Morris Forschungspreis 2007 für LMU-Professor Patrick Cramer

18.01.2007

Professor Patrick Cramer, Direktor des Genzentrums der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, erhält in diesem Jahr den Forschungspreis der Philip Morris Stiftung. In diesem Jahr teilen sich vier Forscher das Preisgeld von 100.000 Euro. Cramers Forschung untersucht die Übertragung der in den Genen gespeicherten Information in Proteine, was nur mit Hilfe des Enzyms RNA-Polymerase II möglich ist.

"Die DNA ist nur ein Speichermedium und für sich genommen eher langweilig", meint Cramer. "Die Gene sind eigentlich stumm. Sie können aber zum Sprechen gebracht werden." Das eben ermöglicht die Transkription, also die Abschrift der genetischen Information, durch die RNA-Polymerase II, kurz Pol II, einem Komplex aus zwölf Untereinheiten. Das Enzym kopiert Gene und übersetzt ihre Sequenz in RNA, eine dem Erbmolekül DNA nahe verwandte Nukleinsäure. Dabei entsteht ein so genanntes mRNA-Molekül, das die genetische Information aus dem Zellkern trägt, so dass sie in das entsprechende Protein umgesetzt werden kann. "Mein langfristiges Ziel ist ein dreidimensionaler Film", so Cramer. "Er soll detailliert die molekulare Maschinerie der Transkription beschreiben und die Ansatzpunkte für die Genregulation offenbaren. Dazu aber müssen wir die einzelnen Bilder des Films der Natur mühsam abringen."

Ein paar Schnappschüsse sind bereits im Kasten. Dazu gehört auch die dreidimensionale atomare Struktur der Pol II bei verschiedenen Aktivitäten und mit unterschiedlichen Interaktionspartnern. Ausgangsmaterial für jede Analyse sind Kristalle - bestehend aus dem Molekülkomplex, der untersucht werden soll.

Cramer und seinen Mitarbeitern gelang mehrmals eine Verbesserung und Weiterentwicklung der bereits bestehenden Methoden. Ihre Arbeit zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie immer wieder außerordentlich große und instabile Molekülkomplexe präparieren und durch Kristallisation erstmals einer Strukturanalyse zugänglich machen können. Dazu müssen die einzelnen Bestandteile wie im Baukastensystem zusammengesetzt und dann im Komplex kristallisiert werden. In einem Fall konnte ein Proteinfaktor durch Tränkung in einen bereits vorgeformten Proteinkristall eingebracht werden, was dank einem neuen Verfahren unter dem Mikroskop beobachtet werden konnte. Kurz nach seinem Wechsel an das Genzentrum der LMU konnte Cramer den gesamten, aus zwölf Untereinheiten bestehenden Enzymkomplex der Pol II entschlüsseln. Zudem zeigten er und sein Team, wie das Enzym während der mRNA-Synthese mit dem Erbmolekül interagiert. Sie entdeckten außerdem eine tiefe Spalte in Pol II, die das katalytische und damit aktive Zentrum des Enzyms beherbergt, welches die DNA aufnimmt.

Pol II dient als Plattform für die anderen Moleküle: Gemeinsam bilden sie die so genannte Transkriptionsmaschinerie. In der Regel ist die Bindung zwischen dem Enzym und den zusätzlichen Komponenten nicht sehr stark. Auch dauern die Interaktionen nicht lange. Das aber destabilisiert den gesamten Komplex und macht eine Strukturuntersuchung fast unmöglich. Umso erstaunlicher ist, dass Cramers Team dennoch einen Weg fand, das Enzym in Kombination mit einem der Transkriptionsfaktoren atomar abzubilden. Und noch immer ist der von Cramer und seinen Mitarbeitern beschriebene Komplex von Pol II mit DNA, RNA und einem weiteren Protein einer der größten bekannten Molekülkomplexe.

Das könnte sich aber ändern. Nicht nur werden derzeit die beiden größeren Geschwister der Pol II, Pol I und Pol III, strukturell untersucht. Ein langfristiges Projekt zudem soll die Grundlage für ein besseres Verständnis der Regulation des Enzyms schaffen. Im Mittelpunkt steht der Mediator-Komplex, ein Koloss aus 25 Untereinheiten und dem doppelten Molekulargewicht der Pol II. Er integriert zelluläre Signale und überträgt sie auf das Enzym: Auf diesem Weg werden Gene an- und abgeschaltet. Noch ist unklar, wie der Mediator aussieht und funktioniert. Denn bis vor kurzem konnten nicht einmal kleinste Mengen des Komplexes produziert werden. "Nach vier Jahren Arbeit sehen wir jetzt aber Licht am Ende des Tunnels." so Cramer. "Wir können nun große Teile des Mediators nachbauen und einer Strukturanalyse zugänglich machen. Die ersten drei Teilstrukturen sind bereits gelöst. Der Weg ist noch weit, doch das Ziel lohnt die Mühen. Denn wir wollen verstehen, wie ein Gen angeschaltet wird, wenn es in der Zelle gebraucht wird."

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