Bei Insektenbefall: Wurzeln speichern Zucker für spätere Blütenbildung
Ein Gen gibt attackierten Pflanzen schon eine Stunde nach Raupenfraß das Signal
Der in Nordamerika vorkommende wilde Tabak hat zwar trickreiche Methoden entwickelt, um die Tabakschwärmerraupen abzuwehren. Er kann zum Beispiel Feinde der Raupe anlocken, indem er Duftstoffe abgibt. Doch auch solche Maßnahmen garantieren nicht unbedingt das Überleben der Pflanze, und schon gar nicht, dass sie von Fraßfeinden verschont bleibt. Also haben sich die Pflanzen eine weitere Rückzugsposition geschaffen. Sie können mit wertvollen Nahrungsressourcen hauszuhalten, wenn sie attackiert werden. Wie die Wissenschaftler um Ian T. Baldwin bereits früher herausgefunden hatten, produziert etwa wilder Tabak nur noch wenig Nikotin oder transportiert das Gift zumindest nicht mehr in die befallenen Blätter, wenn ihn Manduca sexta anknabbert - das Gift ist gegen diese Raupe sowieso wirkungslos. Besonders den im Nikotinmolekül enthaltenen Stickstoff kann die Pflanze nun anderweitig und effektiver einsetzen.
Ähnliches scheint auch für den Kohlenstoff zu gelten, den die Pflanze photosynthetisch in Zucker und Stärke als ihre wichtigsten Energiequellen umwandelt. Sobald die Pflanze von Manducta sexta angefressen wird, reguliert sie die Expression eines Proteinkinase-Aktivator Gens (GAL83) stark herunter. GAL83 kodiert eine Untereinheit eines Protein-Komplexes (SNF-1 related kinase), der in Säugetieren und in Hefe die optimale Verwertung von Glukose und anderen Zuckern reguliert, vor allem, wenn Energie knapp ist. Fettsäurekonjugate aus dem Speichel von Manduca sexta lösen diese Maßnahme aus. Die Signalkette ist jedoch noch nicht bekannt, mit der die Pflanze das Notfallmanagement für ihre Zuckervorräte veranlasst.
GAL83 war den Wissenschaftlern ins Netz gegangen, als sie in raupenbefallenen Blättern gezielt die Expression von Genen untersuchten. Sie fanden, dass nur in den durch Insekten attackierten Blättern auffallend wenig Boten-RNA des GAL83 Gens vorlag. In transgenen Tabakpflanzen, in denen das GAL83 Gen ständig herunterreguliert vorliegt, haben sie anschließend denselben Effekt beobachtet wie in unveränderten, aber raupenbefallenen Pflanzen: Zum einen transportierten die Pflanzen mehr Kohlenstoff bzw. Zucker in die Wurzel, andererseits mobilisierten sie diese Vorräte später, um Samen zu bilden.
Originalveröffentlichung: J. Schwachtje, P. E. H. Minchin, S. Jahnke, J. T. van Dongen, U. Schittko, I. T. Baldwin; "SNF-related kinases allow plants to tolerate herbivory by allocating carbon to roots."; PNAS 2006.
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