Zehn Jahre nach Geburt von Klonschaf Dolly - unklare 'Vaterschaft'

04.07.2006

(dpa) - Das Klonschaf Dolly hatte keinen biologischen Vater. Und rund zehn Jahre nach der Geburt des berühmtesten Schafes der Welt am 5. Juli 1996 ist auch die geistige «Vaterrolle» des Klonforschers Ian Wilmut umstritten.

Als Wilmut das erste aus einer erwachsenen Zelle geklonte Säugetier im Februar 1997 der Öffentlichkeit präsentierte, wurden er und das Schaf weltberühmt. Seine «Vaterrolle» hat Wilmut jedoch vor einem schottischen Gericht inzwischen herabgestuft. Dort hat der Wissenschaftler nach einem Bericht des «Daily Telegraph» rund drei Jahre nach Dollys Tod im Jahr 2003 eingeräumt, dass nicht er, sondern sein damaliger Kollege Keith Campbell Dolly maßgeblich geschaffen hat.

Wer nun endgültig als der Schöpfer Dollys und damit als Pionier im modernen Klonverfahren in die Geschichte eingehen soll, ist nur schwer zu klären. Das Roslin-Institut im schottischen Edinburgh, die Geburtsstätte Dollys, äußert sich dazu nur vage. Ein Sprecher verweist auf «Teamarbeit», alle an dem beteiligten Projekt hätten dazu beigetragen, heißt es diplomatisch. Wilmut habe eine «überwachende Rolle» gehabt. Vor Gericht soll er laut Presseberichten bereits zugegeben haben, dass «66 Prozent» des Verdienstes an Dollys Schöpfung an Keith Campbell gingen. Demnach hätte der Zellbiologe auch als Erstautor genannt werden sollen, doch dieses Privileg hat sich Wilmut selbst gesichert.

Ian Wilmut hatte bereits zuvor geschrieben, dass der Labortechniker Bill Ritchie und der Forscher Keith Campbell die 277 Embryonen konstruierten, von denen eines zu Dolly führte («Dolly, Der Aufbruch ins biotechnische Zeitalter», 2000). Doch nun sagte er laut der britischen Zeitung «Guardian» auch vor dem schottischen Gericht auf die Frage ob der Satz: «Ich (Wilmut) habe Dolly nicht geschaffen», richtig sei, «Ja». Dabei war Dolly bei dem Prozess nur ein Nebenschauplatz gewesen. Vielmehr ging es nach Medienangaben um einen Streit mit dem asiatischen Biologen Prim Singh, der sich von Wilmut in einem anderen Fall übergangen fühlte.

Wilmut selbst hat inzwischen eine Lizenz zum Klonen menschlicher Embryonen erhalten. Er will damit Therapien gegen tödliche Nervenleiden entwickeln. Das Schaffen von Klonbabys, die dasselbe Erbgut wie irgendein Erwachsener haben, lehnt er jedoch strikt ab.

In seinem Buch «After Dolly» plädiert er allerdings dafür, dass die bei Dolly entwickelte Methode in bestimmten Fällen auch bei Menschen angewendet werden soll. Wenn das Risiko bestehe, dass Kinder mit schweren Erbkrankheiten wie Zystische Fibrose oder der Huntington-Krankheit geboren werden, dann müsse das Klonen erlaubt sein. Wilmut beschreibt in seinem Buch folgenden Vorgang: Einem Embryo mit Erbfehler werden Zellen entnommen. Gentechnisch wird das Erbgut korrigiert. Dieses Erbgut werde dann zum Klonen eines gesunden Embryos genutzt, der dann auch ausgetragen wird, schlägt Wilmut vor. Abgesehen von den ethischen Problemen scheinen derzeit allerdings auch die technischen Hürden zum Klonen von Menschen kaum überwindbar.

Dolly selbst starb relativ jung. Im Februar 2003 wurde das Tier wegen einer fortschreitenden Lungenerkrankung im Alter von sechs Jahren eingeschläfert. Normalerweise werden Schafe zwischen zwölf und dreizehn Jahre alt, und Dollys früher Tod nährte Befürchtungen von Wissenschaftlern, dass Klonen zu vorschneller Alterung führt. Die Klonforscher versprachen, dass der Tod ihrer Kreatur nicht umsonst gewesen sei. Dolly als Märtyrerin für die moderne Medizin oder als eine Vorläuferin für neue Tiere, die der Wissenschaft menschliche Organe für Transplantate liefern können. Seit Dolly ist alles anders, alles scheint möglich.

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