Krebsdiagnostik aus dem Computer

Mathematische Modelle können Therapie von Lymphknotenkrebs verbessern

23.06.2006

Die genaue Abgrenzung unterschiedlicher Krebstypen ist von vitaler Bedeutung für die Auswahl geeigneter Therapien. Im Rahmen eines von der Deutschen Krebshilfe geförderten Verbundprojektes ist einer Gruppe von Wissenschaftlern aus siebzehn verschiedenen Arbeitsgruppen, unter ihnen Bioinformatiker des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik in Berlin, jetzt eine molekulare Abgrenzung des Burkitt-Lymphoms von dem morphologisch verwandten diffus großzelligen B-Zell-Lymphom gelungen. Die Erkenntnisse der Forscher werden erheblich dazu beitragen, Diagnose und Therapie des Burkitt-Lymphoms zu verbessern.

Hochaggressive Krebserkrankungen der B-Zellen (Lymphome) führen ohne Behandlung innerhalb weniger Monate zum Tod der Patienten. Mediziner unterscheiden Burkitt-Lymphome und diffus großzellige B-Zell-Lymphome. Bei geeigneter Therapie sind beim Burkitt-Lymphom Heilungsraten von bis zu 90% bei Kindern und 70% bei Erwachsenen möglich. Bei diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen sind die Heilungschancen trotz moderner Therapieansätze deutlich geringer. Die Behandlung beider Lymphom-Erkrankungen ist unterschiedlich, eine präzise Abgrenzung der verschiedenen Formen ist für eine erfolgreiche Behandlung daher unerläßlich. Nach den bisherigen Kriterien war die Unterscheidung zwischen Burkitt-Lymphom und diffus großzelligem B-Zell-Lymphom in vielen Fällen allerdings nicht möglich. Im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Verbundprojektes "Molekulare Mechanismen bei malignen Lymphomen" (Sprecher: Prof. Dr. Lorenz Trümper, Georg-August-Universität Göttingen) haben Wissenschaftler aus siebzehn verschiedenen Arbeitsgruppen, unter ihnen die Bioinformatiker Stefan Bentink und Rainer Spang des Berliner Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik, jetzt einen Weg gefunden, das Burkitt-Lymphom auf molekularem Wege zu identifizieren.

Bislang wurden Gewebeproben von Krebspatienten mikroskopisch und immunhistologisch/zytogenetisch untersucht. Bei einer Reihe von Patienten ist jedoch auf diesem Weg keine Zuordnung möglich, da sich die Tumorzellen verschiedener Lymphom-Erkrankungen in ihren Merkmalen ähneln. Die Forscher suchten daher nach einem anderen Weg, die verschiedenen Krebstypen voneinander abzugrenzen. Im "New England Journal of Medicine" beschreiben sie die Aktivität von über 17.000 Genen in Gewebeproben von insgesamt 220 Patienten mit aggressivem Lymphknotenkrebs. Mittels mathematischer Methoden fanden die Wissenschaftler ein Muster in der Aktivität von insgesamt 56 Genen, welches eine eindeutige Diagnose des Burkitt-Lymphoms ermöglicht. Dies gelang auch in zahlreichen Fällen, die mit herkömmlichen Mitteln bislang nicht als Burkitt-Lymphome identifiziert werden konnten. Die Forscher ergänzen dadurch die bislang gültige WHO-Definition des Burkitt-Lymphoms und eröffnen gleichzeitig einen bislang nicht vorhandenen Weg zur Diagnose dieser Erkrankung.

Die Ergebnisse sind von großer Bedeutung für die Behandlung der betroffenen Patienten. Dosis und Zusammensetzung der Medikamente für Chemotherapien können sehr unterschiedlich sein, zusätzlich besteht bei nicht erkannten Burkitt-Lymphomen die Gefahr, dass zu schwach therapiert wird. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Definition bereits in Kürze in klinischen Studien zur Behandlung von Burkitt-Lymphom und anderen aggressiven B-Zell-Lymphomen berücksichtigt wird. "Wir hoffen, dass mathematische Ansätze bei der WHO-Definition bestimmter Erkrankungen künftig stärker zum Tragen kommen", so Rainer Spang, Leiter der Arbeitsgruppe "Computational Diagnostics" am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik. "Erst durch die enge Verbindung klinischer und mathematischer Ansätze kann es gelingen, alle Ergebnisse der Genomforschung zu Gunsten der Patienten in anwendbares medizinisches Wissen umzusetzen."

Orginalveröffentlichung: M. Humme, S. Bentink, et. al.; "A biologic definition of Burkitt's lymphoma from transcriptional and genomic profiling."; New England Journal of Medicine 2006, 354(23):2419-2430.

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