In vivo, in vitro, in silico - der Dreisatz der Systembiologie

HepatoSys - Kompetenznetz für Systembiologie an Leberzellen - identifiziert erstmals zyklisches Verhalten in der JAK-STAT Signalübertragung durch Versuche am mathematischen Modell

19.05.2006

Prof. Jens Reich, Biomathematiker und Mitglied des nationalen Ethikrates, ist einer der Wissenschaftler, der im systembiologischen Kompetenznetz HepatoSys einem großen Rätsel des Lebens auf der Spur ist. Ihm geht es um die Frage, wie biologische Systeme mit einer riesigen Anzahl von Teilprozessen funktionieren können. Um diese Verflechtungen zu verstehen, kommt es nicht nur darauf an, Akteure wie Proteine und Enzyme in diesem Spiel zu identifizieren. Genauso wichtig ist es, ihre Wechselwirkungen untereinander zu erforschen.

Die enge Zusammenarbeit von experimentell arbeitenden Wissenschaftlern aus Biologie und Medizin mit am Computer modellierenden Theoretikern der Fachbereiche Mathematik, Physik und Ingenieurwissenschaften hat sich bereits bewährt. Zwei Jahre nach Beginn des BMBF-Förderschwerpunkts Systembiologie haben die 'Netzwerker' von HepatoSys einen ersten Meilenstein auf dem Weg zur virtuellen Leberzelle gesetzt. Das Ziel, physiologische Prozesse nicht nur in vivo (im lebenden Organismus) und in vitro (im Reagenzglas), sondern auch in silico (am Computer) nachzuvollziehen, ist näher gerückt.

Den Wissenschaftlern ist es gelungen, ein mathematisches Modell der so genannten JAK-STAT Signalkaskade zu erstellen, die zur Regulation der Entwicklung und Wachstumskontrolle in Säugetierzellen beiträgt. Mit Hilfe dieses Modells können sie vorhersagen, wie schnell einzelne Schritte der Signalübertragung ablaufen. Überraschend zeigte sich, dass der Signalweg nicht linear verläuft, sondern durch zyklisches Verhalten eine fein abgestimmte Signalübertragung ermöglicht.

"Die Analyse in Hepatozyten offenbart, dass es sich dabei um ein allgemein gültiges Prinzip für den JAK-STAT Signalweg handelt. Im Gegensatz zu konventionellen Ansätzen machen unsere in silico Analysen sichtbar, dass sich Stationen des Transports von Molekülen in und aus dem Zellkern am besten für eine Hemmung der Signaltransduktion eignen", erläutert Dr. Ursula Klingmüller vom HepatoSys-Netzwerk Regeneration. Die mit dem Computer entwickelten Vorhersagen konnten experimentell bestätigt werden. Auf diese Weise werden mit Hilfe des systembiologischen Ansatzes wertvolle Informationen über biologische Fragestellungen gewonnen. Diese können über die Leberzellforschung hinaus, z. B. bei der Entwicklung von Medikamenten zur Krebsbekämpfung angewandt werden.

Die Systembiologie ist erfolgreich, steht jedoch erst am Anfang. Bis zu einem klinischen Einsatz sei es noch ein langer Weg, erläutert Prof. Jens Timmer, wissenschaftlicher Sprecher von HepatoSys. "Unser langfristiges Ziel ist es, die Medizin von einer qualitativ beschreibenden zu einer quantitativ vorhersagenden Forschungsdisziplin zu entwickeln."

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