Deutscher Krebspreis 2006 für Martin Göttlicher

24.03.2006

Prof. Dr. Martin Göttlicher, Direktor des Instituts für Toxikologie am GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, erhält von der Deutschen Krebsgesellschaft den Deutschen Krebspreis für "bedeutende Beiträge zur Erforschung der Grundlage, Diagnose oder Therapie von Krebserkrankungen".

Göttlicher und sein Kollege Thorsten Heinzel, Professor für Biochemie an der Universität Jena, bekommen den Preis für gemeinsame Arbeiten verliehen, die dazu geführt haben, dass ein grundlegender Mechanismus der Krebsentstehung nun besser verstanden wird. Basierend auf diesen Erkenntnissen wird in absehbarer Zeit ein neues Medikament zugelassen werden.

Ausgangspunkt ihrer Arbeiten am Forschungszentrum Karlsruhe und im Georg-Speyer-Haus, den früheren Wirkstätten der beiden Wissenschaftler, war die Beobachtung, dass ein als Antiepileptikum eingesetztes Medikament, die Valproinsäure, teratogene Wirkung hat, das heißt Embryonen in ihrer Entwicklung schädigt. Die Wissenschaftler fragten sich, was dazu führt, dass eine Substanz in der Embryonalentwicklung Fehlbildungen hervorruft, zu einem späteren Zeitpunkt aber keine gravierenden Schädigungen mehr verursacht, ja sogar als wirkungsvolles Therapeutikum zum Einsatz kommen kann.

"Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass Valproinsäure in seiner Funktion als Histon-Deacetylase-Hemmer die 'Verpackungsdichte' der Erbinformation DNA verändert und dadurch eine verstärkte Aktivität einer Vielzahl von Genen ermöglicht, so Martin Göttlicher. "In der Embryonalentwicklung führt diese erhöhte Genexpression zu den bekannten Fehlbildungen, der erwachsene Organismus kann sie offensichtlich besser ausgleichen als der Embryo", erläutert Göttlicher.

Das Verdienst der Wissenschaftler war aber nicht nur, dass sie die Wirkungsweise von Valproinsäure als Histon-Deacetylase-Hemmer auf molekularer Ebene entschlüsselt haben, sondern dass sie eine Brücke zu Krebserkrankungen schlagen konnten. Aus der Tumorforschung ist bekannt, dass in vielen Arten von Krebszellen die Expression von zahlreichen Genen fehlreguliert ist. "In einigen unter ihnen bewirkt Valproinsäure - ebenfalls durch Hemmung der Histon-Deacetylase - eine Genaktivierung und kann so das Zellwachstum verzögern und sogar Krebszellen abtöten," erklärt Göttlicher.

Mittlerweile haben klinische Partner zum Beispiel im Krankenhaus Nordwest in Frankfurt und in Ulm auch schon Studien mit Valproinsäure als Antitumor-Medikament auf den Weg gebracht. In Frankfurt läuft eine Phase I/II-Studie zur Dosisfindung und Verträglichkeit. In Ulm untersucht eine Studiengruppe in einer Phase II- und Phase III-Studie an Patienten mit akuter myeloischer Leukämie, welche Wirksamkeit Valproinsäure in Kombination mit konventionellen und anderen innovativen Antitumor-Medikamenten hat.

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