Menschliche monoklonale Antikörper - künstlich hergestellt

05.09.2005

Eine neue Technik, um monoklonale Antikörper aus menschlichen Zellen schnell und günstig herzustellen, entwickeln jetzt Wissenschaftler aus Göttingen, Heidelberg, Paris und Prag im Rahmen eines EU-Gemeinschaftsprojektes innerhalb des 6. EU-Forschungsförderungsprogramms (FP6). Die neuen monoklonalen Antikörper sollen zudem ihre volle Wirkung entfalten können, weil sie vom menschlichen Körper nicht als "fremd" erkannt und abgestoßen werden. Die Gutachterkommission der EU hat das Projekt als "unkonventionelle und visionäre Forschung" bewertet. Es wird im Förderprogramm NEST (New and Emerging Science and Technologie) der Europäischen Kommission mit knapp zwei Millionen Euro über einen Zeitraum von vier Jahren gefördert.

Für die Diagnose und Behandlung sehr vieler Krankheiten spielen monoklonale Antikörper eine wichtige Rolle. Diese in Mäusezellen künstlich hergestellten Eiweißmoleküle erkennen gezielt bestimmte Oberflächenstrukturen von Zellen oder Fremdkörpern. Mit modernen Wirkstoffen gekoppelt, können monoklonale Antikörper Krebszellen im Körper aufspüren und bekämpfen oder die körpereigene Immunabwehr auf Tumore lenken. Doch trotz ihrer viel versprechenden Anwendungsmöglichkeiten sind bisher nur wenige monoklonale Antikörper in der Klinik zum Einsatz gekommen, weil ihre Entwicklung aufwändig, zeitraubend und teuer ist. Zudem werden die in Mauszellen produzierten Antikörper oft vom menschlichen Immunsystem als "fremdartig" erkannt und abgestoßen werden, bevor sie ihre therapeutische Wirkung entfalten können.

Die Göttinger Forscher um Prof. Dr. Jürgen Wienands, Direktor der Abteilung Zelluläre und Molekulare Immunologie des Bereichs Humanmedizin der Universität Göttingen, legen die Grundlagen für das EU-Projekt, indem sie eine menschliche Zell-Linie mit molekulargenetischen Methoden für die weiteren Schritte des Projektes vorbereiten. Das Göttinger Teilprojekt dauert etwa vier Jahre und wird mit cirka 400.000,- Euro gefördert. Die europäischen Forscher planen die Herstellung einer Bibliothek aus etwa einer Million menschlicher Hybridomzellen (veränderter Krebszellen), die je einen anderen künstlichen Antikörper produzieren.

Die Göttinger Wissenschaftler statten die Gründerzelllinie der Bibliothek zunächst mit molekularen Signalgebern aus, so dass sich aus der Zelllinie die Antikörper produzierenden Tochterzellen ableiten lassen. Eine am deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg entwickelte Methode erlaubt dann, die Bibliothek auf die gewünschte Antikörper-Spezifität hin zu durchsuchen (screening). In einem weiteren Schritt wird die Bindungsstärke der Kandidaten-Antikörper gezielt erhöht. Dies geschieht mit Hilfe der "Somatischen Hypermutation", für die französische Immunologen das notwendige Fachwissen beisteuern. Bestimmte Enzyme verändern dabei die Gene für den ausgewählten Antikörper nach dem Zufallsprinzip. Die entsprechenden Hybridomzellen werden anschließend herausgefiltert und vermehrt. Aus ihnen können dann in Kulturschalen die gewünschten Antikörper in großer Zahl gewonnen werden.

Neben dem Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen sind an dem Projekt beteiligt: das Deutsche Krebsforschungszentum (DKFZ), Heidelberg; Eucodis GmbH, Wien; Academy of Sciences of the Czech Republic, Prag; French Institute of Health and Medical Research (INSERM), Paris.

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