Der Lockruf des Tumors

07.04.2005

Tumoren sind nicht eigenständig lebensfähig, sondern schmarotzen in ihrem Wirt, dem erkrankten Menschen. Aber wie alle Zellen benötigen auch die Tumorzellen für ihr Überleben und ihre Vermehrung Sauerstoff. Eine besonders raffinierte Strategie, wie Tumoren sich - zu Lasten ihres Wirtes - diesen Sauerstoff verschaffen können, haben Wissenschaftler des Zentrums für Humangenetik der Universität Bremen entdeckt.

Normalerweise würde die Größe von Tumoren auf einen Durchmesser von 1-2 mm beschränkt bleiben, weil nur bis zu dieser Grenze die Sauerstoffversorgung des wachsenden Tumors aus der Umgebung sichergestellt ist. Offensichtlich haben Tumoren aber Strategien entwickelt, um auch darüber hinaus ihre Sauerstoffversorgung und damit auch ihr Wachstum sicherzustellen - sie "locken" aus ihrer Umgebung Gefäße an, über die dann Sauerstoff zum Tumor transportiert wird. Das Team des Bremer Humangenetikers Jörn Bullerdiek ist einem besonders raffinierten Mechanismus auf die Spur gekommen, den Tumorzellen nutzen, um das Wachstum von Gefäßen anzuregen.

Bricht die Sauerstoffversorgung des Tumors zusammen, kann es zu Nekrosen kommen, einem Absterben von Zellen. Das eigentlich im Zellkern lokalisierte HMGB1 ("High Mobility Group Protein B1") wird nun freigesetzt und bewirkt in der Umgebung ein Auswachsen von Blutgefäßen. Damit dienen selbst die toten Zellen noch dem weiteren Überleben und Wachstum des Tumors. Als neu aufgedeckter Lockstoff der Gefäßentwicklung stellt HMGB1 auch ein interessantes Ziel für die Therapie von Tumoren dar. Das Abfangen der Signale könnte den Tumoren eine für ihr Überleben wichtige Möglichkeit nehmen.

Originalveröffentlichung: American Journal of Pathology 2005.

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